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Spanien auf dem Irrweg

Man kann nicht ohne Bedenken sehen, welches Demokratieverständnis gerade in Spanien Einzug hält. Um Proteste gegen die aktuelle Politik klein zu halten, wurde jetzt ein Gesetz verabschiedet, das Bußgelder zwischen 1000 und 600.000 (!) € vorsieht, wenn man vor dem spanischen Parlament oder Senat demonstriert. Glücklicherweise ist vom Königspalast nicht die Rede und war das Gesetz vor einem Jahr auch noch nicht in Kraft, sonst hätte es womöglich für mich teuer werden können.

Ein-Mann-Demo vor dem spanischen Königspalast
Ein-Mann-Demo vor dem spanischen Königspalast im Januar 2013

Unterdessen hat das spanische Parlament trotz Protesten eine umstrittene „Bildungsreform“ verabschiedet, die vor allem den Zweck hat, Geld einzusparen und mal wieder die Katalanen zu ärgern, da Schüler nun das Recht bekommen sollen, statt auf Katalanisch auf Spanisch unterrichtet zu werden. Katalonien und das Baskenland betrachten diesen Schritt als Einmischung und Beschneidung der Autonomierechte. Wieder einmal zeigt sich, dass ein Staat, in dem jede Region ein anderes Autonomiestatut hat, nicht gut konstruiert ist. Eine Verfassung, die wie das deutsche Grundgesetz genau definierte Rechte und Kompetenzen für die Länder in Abgrenzung zum Bund vorsieht, wäre sicher auch für Spanien gut.

Obrint Pas

Obrint Pas im SO36 in Berlin
Obrint Pas im SO36 in Berlin

Am 2. November hatte ich das Glück, beim Konzert von Obrint Pas im SO36 in Berlin dabei zu sein, leider krankheitsbedingt ohne Anke, die die Begeisterung für die Band in die Ehe eingebracht hatte. Die 1993 gegründete Band um Sänger Xavi Sarrià hat angekündigt, sich 2014 aufzulösen, so dass es voraussichtlich eines der letzten Konzerte war. Die Band aus València singt auf Katalanisch, die Texte sind oft politisch links und für die Unabhängigkeit der katalanischen Länder von Spanien. Der musikalische Verdienst der Band besteht darin, Gitarren-Rock und Ska mit der Dolçaina, einem traditionellen, valencianischen Holzblasinstrument sowie mit Posaune und Trompete zu kombinieren. Dass die Dolçaina oder auch die Gralla gut mit Ska und Indie Rock funktioniert, haben inzwischen auch andere Bands unter Beweis gestellt. Auf dem 2011 erschienenen aktuellen Album Coratge geht der Stilmix sogar noch weiter und es wurde ein DJ hinzugezogen. In voller Besetzung tritt die Band mit 9 Mitgliedern auf. Wer zufällig an Silvester in der Nähe von Tavernes de la Valldigna ist, sollte sich die Chance nicht entgehen lassen und sich Obrint Pas noch einmal live ansehen. Ansonsten sei jedem die CD empfohlen.

Über die Reisekultur

Nachdem der letzte Abschnitt der normalspurigen Hochgeschwindigkeitsstrecke von Figueres nach Barcelona schon eine Weile fertiggestellt und damit die Verbindung des mitteleuropäischen und des spanischen Normalspurnetzes erfolgt ist, soll es künftig durchgehende TGV- und AVE-Züge von Paris nach Barcelona und sogar Madrid geben. Derzeit muss noch in Figueres vom TGV in den AVE umgestiegen werden.

Mit Einführung der durchgehenden Züge wird jedoch die komplette Einstellung der Elipsos-Trenhotel-Züge einher gehen. Schon jetzt ist es ein Ende auf Raten. Die komfortablen Nachtzüge können derzeit noch drei Mal wöchentlich auf den Verbindungen von Paris Austerlitz nach Madrid Chamartin oder Barcelona França genutzt werden. Bis zum Sommer gab es diese beiden Verbindungen täglich und bis Ende 2012 wurden auch noch Züge von Barcelona França nach Mailand und Zürich angeboten.

Bei den Elipsos-Trenhotel-Zügen handelt es sich um Gliederzüge der bekannten Bauart Talgo (siehe auch den früheren Blogbeitrag über die Züge in und um Tarragona) in der Nachtzug-Variante. Es werden Schlafwagenplätze in mehreren Klassen angeboten: Die Turista-Klasse besteht aus Abteilen mit 4 Betten, die Preferente-Klasse hat 2 Betten und die Gran Clase 2 Betten und eine eigene Nasszelle mit Dusche und WC. Außerdem werden noch Ruhesessel angeboten. In der Preferente und Gran Clase ist ein Frühstück im Speisewagen im Preis inbegriffen, in der Gran Clase außerdem ein Sekt zur Begrüßung und ein Abendessen mit 3 Gängen und Wein.

Die Gran Clase lohnt sich allein schon wegen des Abendmenüs, denn im Elipsos wird noch richtiges Essen zubereitet. Wer eine niedrigere Klasse gebucht hat, muss sich beeilen, um noch einen Platz im gemütlichen Speisewagen zu bekommen oder sich mit Snacks und Getränken im Barwagen begnügen.

Unsere „Elipsos-Abschiedstour“ führte von Frankfurt am Main nach Tarragona über Paris und Barcelona und auf dem gleichen Weg zurück. Da der Zug von Paris nach Barcelona erst nach 22 Uhr abfährt, haben wir uns für die Hinfahrt dann doch für die Preferente und die Bar entschieden und uns stattdessen die Zeit genommen, um uns vor der Abfahrt noch etwas in Paris herumzutreiben. Um dabei den Abend zu genießen, empfahl es sich, zunächst das Gepäck zum Bahnhof Austerlitz zu bringen und dort einzuschließen, obwohl die Preise für die Schließfächer ordentlich gesalzen sind.

Um abends in Paris nicht in eine Touristenfalle zu geraten, sollte man sich vorher ein wenig orientieren. Über TripAdvisor fanden wir ein nettes, kleines Käse-Restaurant, das wir gerne weiterempfehlen. Da wir direkt nach der Öffnung dort ankamen, ging es zum Glück noch ohne Reservierung.

Pain, vin, fromages
Pain, vin, fromages

Das „Pain, vin, fromages“ liegt in der Nähe des Centre Pompidou. Neben anderen, lustigen Ecken …

Place Stravinsky
Place Stravinsky

… finden sich in der Nähe auch kleine, schöne Läden. Wir hatten zwischen der Ankunft des ICE aus Frankfurt und der Abfahrt nach Barcelona genug Zeit, aber man sollte sich natürlich nicht verzetteln. Also schnell zurück zum Gare Austerlitz und in den Zug.

Die Abteile sind natürlich nicht besonders groß, aber ganz durchdacht. In der Preferente-Klasse ist in der Ecke neben dem Fenster unter einer Klappe das Waschbecken inklusive Schrank, …

Schrank im Preferente-Abteil
Schrank im Preferente-Abteil

… in dem sich alles Nötige für die Nacht befindet.

Grundausstattung
Grundausstattung im Preferente-Abteil

In den Preferente-Abteilen gibt es eine Verbindungstür zum Nachbarabteil. In den Gran-Clase-Abteilen findet sich an der Stelle des Waschbeckens ein Zeitschriftenständer und die Tür führt stattdessen ins eigene Bad. Das Täschchen fällt dann auch etwas größer aus und beinhaltet dann auch noch Shampoo und Duschgel.

Dusche in der Gran Clase
Dusche im Gran Clase-Abteil

Der Zugang zu den oberen Betten …

Bett im Elipsos Trenhotel
Bett im Elipsos Trenhotel

… geht am leichtesten über die fest installierte, ausklappbare Leiter, …

Leiter im Elipsos Trenhotel
Leiter im Elipsos Trenhotel

… die man auch von oben ausklappen kann, wenn man an dem gekennzeichneten Griff zieht.

Kleiderbügel und Griff für das Ausklappen der Leiter
Kleiderbügel und Griff für das Ausklappen der Leiter

Obwohl die Talgo-Wagen niedrig gebaut sind, ist trotzdem über der Eingangstür bzw. über dem Gang noch Platz, um das Gepäck unterzubringen. Unter den Betten geht das nicht, denn dort sind in der Nachtstellung die weggeklappten Sitze.

Sowohl Betten als auch Federung sind bequem genug, um morgens ausgeruht in Barcelona anzukommen. Anders als die meisten inländischen Fernzüge, die den Bahnhof Sants anfahren, endet der Elipsos im Bahnhof França.

Elipsos bei der Ankunft in Barcelona França
Elipsos bei der Ankunft in Barcelona França

Wer Barcelona als Ziel hat, für den liegt die Estació França besser, weil zentrumsnäher.

Elipsos Trenhotel im Bahnhof Barcelona França
Elipsos Trenhotel mit Lok der Baureihe 252 im Bahnhof Barcelona França

Wer mit dem AVE weiter fahren will, muss allerdings erst mit den Rodalies oder einem Regionalzug den Bahnhof wechseln. Nur einzelne innerspanische Fernzüge beginnen hier. Unser Ziel Tarragona ist aber vom Bahnhof França direkt erreichbar.

Alvia in der Estació França
Alvia in der Estació França

In der Bahnhofshalle gibt es Fahrkarten für die Weiterfahrt.

Bahnhofshalle Barcelona França
Bahnhofshalle Barcelona França

Nach überaus erholsamen zwei Wochen, über die ja schon an anderer Stelle im Blog ausführlich berichtet wurde, ging es wieder zurück. Da der Zug von Barcelona nach Paris schon gegen 20 Uhr und somit zur Abendessenszeit abfährt, entschieden wir uns für den Rückweg für die Gran Clase.

Die Talgo-Züge müssen an der Grenze von iberischer Breitspur auf Normalspur umgespurt werden. Anders als die Talgo 250-Triebzüge, die als Zuggattung „Alvia“ eingesetzt werden, können die lokbespannten Talgo-Nachtzüge nicht zusammen mit dem Triebfahrzeugen umgespurt werden. Somit ist ein wenig Rangieren erforderlich.

Elipsos Trenhotel in Portbou
Elipsos Trenhotel in Portbou

In der schönen Bahnhofshalle im katalanischen Grenzbahnhof Portbou wird der erste Betriebshalt eingelegt. Die Breitspur-Lok der Baureihe 252, die bis hier führte, wird abgekoppelt, eine Rangierlok des spanischen Infrastrukturbetreibers adif setzt sich an den Zugschluss und schiebt den Zug langsam durch die Umspuranlage. Wenn der Zug halb durch die Anlage geschoben wurde und die ersten Wagen auf Normalspur sind, wird an der Zugspitze die französische Lok angekoppelt und die Aufgabe der breitspurigen Rangierlok ist schon wieder beendet. Durch einen Tunnel geht es dann ins französische Cerbére und nach einem weiteren Betriebshalt nach Paris. Der Tunnel zwischen Portbou und Cerbére ist übrigens zweigleisig mit einem Normal- und einem Breitspurgleis ausgestattet, so dass auch nicht umspurbare spanische Züge nach Cerbére und französische Züge nach Portbou fahren können.

Die eigentliche Bedeutung der beiden Grenzbahnhöfe erkennt man erst, wenn man sich die ausgedehnten Güterbahnhöfe ansieht. Ein großer Teil des Güterverkehrs zwischen Mitteleuropa und der iberischen Halbinsel läuft über Portbou und Cerbére und wegen der unterschiedlichen Spurweiten ist das auch für Güterzüge entweder mit Umspuren oder Umladen der Fracht verbunden. Während sich in Cerbére eine Umspurwerkstatt nach System Transfesa befindet, werden in Portbou Güter umgeladen. Eine ausführliche Beschreibung der Anlagen in Portbou und Cerbére auf Englisch kann man auf den Seiten von Thorsten Büker lesen.

Als Reisender im Nachtzug bekommt man vom Umspuren nach System Talgo nichts mit, außer man schaut aus dem Fenster und weiß es richtig zu deuten, dass man gerade in Schrittgeschwindigkeit durch eine Halle fährt.

Nach dem leckeren Abendessen mit gutem Rotwein kamen wir ausgeruht in Paris an.

Ankunft des Elipsos in Paris Austerlitz
Ankunft des Elipsos in Paris Austerlitz

Das Zugteam war perfekt eingespielt und hochmotiviert. Zwar merkt man an manchen Stellen dem Zug sein Alter doch etwas an, aber er ist doch top gepflegt. Falls einmal kleine Schäden auftreten, behebt diese der mitfahrende Bordtechniker sofort.

Für das Bordpersonal geht es nach dem Ende des Elipsos Trenhotel weiter: Das Personal wird nach Aufnahme des durchgehenden Hochgeschwindigkeitsverkehrs in den TGV- und AVE-Zügen eingesetzt werden.

Trenhotel-Komfort mit Talgo-Zügen kann man nach der Einstellung des Elipsos noch auf einigen Relationen auf der iberischen Halbinsel nutzen, zum Beispiel von Barcelona nach Granada. Außerdem gibt es noch den klassischen „Sud-Express“ von der französisch-spanischen Grenze bei Irún (mit TGV-Anschluss aus Paris) über Salamanca nach Lissabon, der die portugiesische Grenze vereinigt mit dem „Lusitania“ aus Madrid überquert.

Für uns ging es mittags mit dem ICE zurück nach Frankfurt. Wir hatten wieder etwas Zeit für Paris-Tourismus eingeplant und besuchten den Eiffelturm. Will man auf den Turm, sollte man aber wegen des Andrangs mehr Zeit mitbringen, als wir bis zur Abfahrt vom Gare de l’Est zur Verfügung hatten.

Eiffelturm
Eiffelturm

Man muss eindeutig feststellen: Eine Zugreise kann, wenn man es zu schätzen weiß, ein echter Genuss sein und etwas viel besseres als ein Flug.

Auf der letzten Etappe von Paris Est nach Frankfurt wurden wir dann aber doch wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Ein unruhiger Großraum, eine defekte Tür, eine defekte Toilette, ein geschlossenes BordBistro, wo es aber auch sonst nur dampfgegarte Systemgastronomie gegeben hätte, „Hightech“-Zwischentüren mit Bewegungsmelder, die sich bei der kleinsten falschen Bewegung sinnlos öffnen. Warum man es im ICE nicht schafft, die Steckdosen so zu beschalten, dass sie nicht bei jeder Schutzstrecke ausgehen, erschließt sich mir auch nur eingeschränkt. Natürlich sollte man mich hier nicht falsch verstehen, der ICE ist ein guter Zug und es geht mit 320 km/h voran, aber man muss im Vergleich zum Trenhotel eindeutig ein Weniger an Reisekultur feststellen. Aber wie hat es der Elipsos-Schlafwagenschaffner gesagt: Das 20. Jahrhundert ist vorbei. Schade eigentlich.

Ankunft in Frankfurt
Ankunft in Frankfurt

Der Fahrplan:

Frankfurt Hbf.    ab 13:01  ICE 9554
Paris Est         an 16:50
      Austerlitz  ab 22:03  EN 477 Elipsos Trenhotel "Joan Miró"
Barcelona França  an 09:43
                  ab 10:47  R
Tarragona         an 12:06
Tarragona         ab 16:29  R
Barcelona França  an 17:53
                  ab 19:55  EN 475 Elipsos Trenhotel "Joan Miró"
Paris Austerlitz  an 08:37
      Est         ab 13:10  ICE 9555
Frankfurt Hbf.    an 16:58

Spanien, Franco, die UN und Sezession

Vor ein paar Tagen wurden von Argentinien internationale Haftbefehle gegen Täter der Franco-Diktatur gestellt. Die UN fordert Spanien auf, die Zeit der Franco-Diktatur aufzuarbeiten. Darüber berichtete die spanische El País. In den deutschsprachigen Medien war die Meldung eher wenig präsent, Ausnahmen sind die taz, Telepolis und die Wiener Zeitung. Doch Spanien stellt sich offenbar quer und beruft sich auf ein Amnestiegesetz aus dem Jahr 1977.

Das muss man sich jetzt erst mal langsam in Ruhe im Kopf setzen lassen! Die Diktatur wurde in Spanien nicht durch eine Revolution des Volkes beendet, sondern einfach nur weil der Diktator gestorben ist. Viele wichtige Funktionäre der Diktatur waren dann auch bei der Umstellung auf die parlamentarische Monarchie (Demokratie) beteiligt und hatten Gelegenheit sich ein warmes und sicheres Nest zu bauen. Um sicher zu gehen, dass nicht im Nachhinein jemand auf die Idee kommt jemand der Verbrechen anzuklagen wurde gleich noch ein Amnestiegesetzt verabschiedet.

Es sind mindestens 113.000 Menschen beiseite geschafft worden in dieser Zeit! Da diese Menschen nicht wieder aufgetaucht sind, handelt es sich wohl in vielen Fällen um Mord. Die Menschen, die für diese Morde verantwortlich waren konnten zu großen Teilen ein gutes bürgerliches Leben führen und in 37 Jahren nach der Einführung eines angeblichen Rechtsstaates werden diese Menschen immer noch von der aktuellen Spanischen Regierung geschützt. Warum empört das keinen??!! Warum gibt es stattdessen in den spanischen Medien ausführliche Berichte über die Hüft-OP des Königs?? Warum gibt es keine Sanktionen der EU? Was machen die anderen Rechtsstaaten?

Unterdessen kam in einer Diskussion über Katalonien am Wochenende die Frage auf, wann sich denn eigentlich ein Staat für unabhängig erklären kann und auf welcher Grundlage. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat dies im Jahr 2007 vor dem Hintergrund des Kosovo beleuchtet. Grundsätzlich bestehe eine Spannung zwischen dem Recht eines Staates auf Wahrung seiner Existenz in seinen bestehenden Grenzen und dem Recht eines Volkes auf Selbstbestimmung. Ein Recht auf Sezession wird nicht grundsätzlich verneint, allerdings nur als letzter Ausweg bei Menschenrechtsverletzungen.

Katalonien, das Referendum und Franco

Bei einer kleinen Web-Umschau über Katalonien entdeckte ich heute einige interessante Inhalte, die ich gerne weitergeben möchte, sowie einen großen Aufreger. Zunächst einmal die interessanten Inhalte:

Und dann der Aufreger:

Gerade beim letzten Punkt weiß ich gar nicht, was mich am meisten schockiert: Ist es, dass in einem Staat, der Mitglied der Europäischen Union ist, das Militär ins Spiel gebracht wird, um gegen Teile der in diesem Staat lebenden Bevölkerung vorzugehen? Oder ist es eher, dass es überhaupt eine Francisco-Franco-Stiftung gibt, die auch noch Geld vom spanischen Staat bekommt?

Jeder Leser mag sich nun selbst ausmalen, wie eine der Franciso-Franco-Stiftung vergleichbare Einrichtung, gäbe es eine solche in Deutschland, wohl hieße und was von einer Regierung zu halten wäre, die eine solche Institution finanziell unterstützt.

Correfoc

Es ist dunkle Nacht. Die Straßenbeleuchtung ist ausgeschaltet, ebenso die Leuchtreklame. Unter den vielen Menschen auf der Rambla Nova herrscht eine Art angespannter Ruhe. Bald beginnt in der Ferne ein archaisches Trommeln. Plötzlich Donnergrollen, Feuerschein, Rauch steigt auf. Noch ist es weit entfernt, man kann nur ahnen, was dort gerade für ein Inferno losgebrochen ist.

Das Feuer erlischt wieder, aber das Trommeln dauert an und rückt langsam, aber unaufhaltsam näher. Jetzt hört man auch die Gralles. Es dauert nun nicht mehr lange, bis der erste Feuerteufel da ist.

Correfoc

Ehe ich’s mir recht versehe, stehe ich im Feuerregen und hole mir Brandblasen.

Correfoc

Zwischendurch ebbt das Getöse ab, die Fackelträger müssen nachlegen.

Correfoc

Der Feuerzug wird begleitet von grotesken Drachen.

Correfoc

Gut anderthalb Stunden dauert es, bis alle Dämonen wieder dort hin verschwunden sind, wo sie herkamen. Doch die Ruhe ist nur von kurzer Dauer.

Abermals donnert es in der Ferne, doch diesmal kommen die Donnerschläge viel schneller näher als beim ersten Mal. Über die ganze Länge der Rambla ist eine Böllerkette gespannt, die jetzt entzündet ist. Die Explosionen kommen im Sekundentakt näher und die Fackelträger rennen parallel mit. Schließlich ist der Balcó del Mediterrani erreicht. Das Feuerwerk beginnt. Visca Santa Tecla!

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Der Stierkampf und die Kultur

Kaum ist in der Arena von Valencia das „Oktoberfest Olé!“ beendet, diskutiert der spanische Kongress, ob Stierkampf nicht immaterielles Kulturerbe werden soll. Sogar Subventionen werden nicht ausgeschlossen, obwohl das Geld allerorten fehlt.

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In der valencianischen Gemeinschaft sind die Kassen im Gesundheitswesen leer und in Katalonien fehlt im Bildungssystem Geld. Interessanterweise scheint diese Debatte die Katalanen gar nicht mal so sonderlich aufzuregen. Schließlich gibt es diese Auseinandersetzung schon seit 2010, als das katalanische Stierkampfverbot, das 2012 in Kraft trat, diskutiert wurde. Man kennt es von der Zentralregierung also nicht anders.

Die Eisenbahn in und um Tarragona, Teil 2: Die Züge

Nachdem es im ersten Teil um die Strecke entlang des Mittelmeers von Barcelona über Tarragona nach Valencia ging, möchte ich nun noch ein wenig darüber berichten, welche Züge denn dort so fahren und wie der Fahrplan aussieht.

Die gesamte Mittelmeerstrecke ist als Verbindung der zweit- und drittgrößten Stadt Spaniens (oder vielleicht sollte man besser sagen: der beiden größten Städte der Katalanischen Länder) viel befahren. Die Auslastung variiert jedoch auf den einzelnen Teilabschnitten sehr stark: Je näher man sich an die beiden Metropolen heran bewegt, desto mehr Vorortverkehr kommt dazu, während auf dem Mittelteil zwischen L’Aldea-Amposta-Tortosa und Castelló de la Plana im Regionalverkehr nur vier Zugpaare am Tag fahren. Aber auch dort bleibt einiges an Fern- und Güterverkehr.

Der Güterverkehr in und um Tarragona ist weitgehend in der Hand der zur Bombardier TRAXX-Familie gehörenden Loks der Baureihe 253 der Güterverkehrssparte RENFE Mercancias. Neben durchgehenden Zügen spielt die Bedienung der chemischen Industrie und des Hafens in Tarragona eine große Rolle.

RENFE 253 mit Kesselwagen vor dem Amphitheater in Tarragona
RENFE Baureihe 253 mit Kesselwagen vor dem Amphitheater in Tarragona

Der Fernverkehrsfahrplan entlang der Mittelmeerküste ist mit je nach Wochentag zwischen 12 und 15 Fahrten ganz gut, von einem echten Taktfahrplan kann man aber nicht gerade sprechen. Man kann nur sagen, dass man ungefähr jede Stunde von Barcelona nach Valencia kommt, aber von Abweichungen im Minutenbereich bis zu einer komplett anderen Zuggattung zwischendurch ist alles dabei. Überhaupt sind die Gattungen der Fernverkehrszüge in Spanien auf den ersten Blick eher undurchschaubar. Die besagten 15 Fernverkehrszüge zwischen Barcelona und Valencia verteilen sich auf sage und schreibe 5 Kategorien und um die Konfusion zu komplettieren, wird in Valencia mal der Nordbahnhof und mal der Bahnhof Joaquim Sorolla angefahren.

Naja, ein paar Gesetzmäßigkeiten gibt es dann doch: Etwa alle zwei Stunden fährt ein Euromed von Barcelona Sants nach Joaquim Sorolla, der dazwischen nur in Tarragona und Castelló de la Plana hält und die Strecke in 2 Stunden und 59 Minuten schafft. Etwa die Hälfte der Züge fährt von Valencia weiter nach Alacant (Alicante). Früher wurden die Euromed mit der RENFE-Baureihe 101 gefahren. Das ist eine Breitspurversion der vom TGV abgeleiteten ersten AVE-Baureihe, die bei der RENFE als Baureihe 100 bezeichnet wird. Die Züge der Reihe 101 wurden inzwischen allesamt auf Normalspur umgebaut, in die Baureihe 100 eingegliedert und fahren jetzt als AVE hauptsächlich zwischen Madrid und Sevilla. Heute wird auf den Euromed-Verbindungen die Baureihe 130 eingesetzt, besser bekannt als Talgo 250 oder „Patito“ (kleine Ente).

RENFE Baureihe 130 (Talgo 250) in Tarragona
RENFE Baureihe 130 (Talgo 250) in Tarragona

Die Talgo 250 gelten als die ersten Serienfahrzeuge, die sich als kompletter Zug inklusive der Triebfahrzeuge während der Fahrt umspuren lassen. Die Züge haben an jedem Ende einen Triebkopf mit elektrischer Ausstattung von Bombardier, der über neu entwickelte, nach dem System Talgo umspurbare Triebdrehgestelle verfügt. Dazwischen ist ein Wagenzug vom Typ Talgo 7 eingereiht. Charakteristisch für die Talgo-Züge sind kurze Wagen, zwischen denen sich Einzelradlaufwerke befinden. Nur die Endwagen haben zusätzlich ein weiteres Einzelradfahrwerk. Der Zug ist also betrieblich nicht zu trennen. Im Gegensatz zu so ziemlich allen anderen Eisenbahnfahrzeugen haben die Talgo-Wagen keine durchgehenden Radsatzwellen. Die Räder sitzen auf kurzen Stummelachsen, das ganze Fahrwerk wird von einem aufrecht stehenden, U-förmigen Rahmen zusammengehalten, an dem die Wagenkästen oben pendelnd an Luftfedern aufgehängt sind. Die Wagenkästen können sich in Kurven durch die Fliehkraft aus der Senkrechten bewegen, man kann also von einer passiven Neigetechnik sprechen. Diese dient allerdings weniger zur Geschwindigkeits-, sondern zur Komfortsteigerung. Wegen der Kombination aus Einzelrädern und der pendelnden Aufhängung zeichnen sich die Talgo-Wagen durch eine außergewöhnliche Laufruhe aus.

RENFE Baureihe 130 vor dem Amphitheater in Tarragona
RENFE Baureihe 130 vor dem Amphitheater in Tarragona

Die Euromed-Verbindungen laufen komplett auf Breitspur, es wird hier also von der Spurwechselfähigkeit keinen Gebrauch gemacht. Zugläufe, die mit Talgo 250 gefahren werden und sowohl Normal- als auch Breitspurstrecken befahren, werden von der RENFE als „Alvia“ bezeichnet. Es gibt auf dem Mittelmeerkorridor ein Zugpaar von Madrid über Valencia nach Barcelona und zurück, das zwischen Madrid und Valencia die Hochgeschwindigkeitsstrecke benutzt und vor dem Bahnhof Joaquim Sorolla durch den „Cambiador“ fährt.

RENFE Baureihe 130 in Barcelona França
RENFE Baureihe 130 in Barcelona França

Bei einigen Talgo 250-Zügen wurde hinter dem Triebkopf der Endwagen des Talgo-Zuges durch einen Generatorwagen ersetzt und die Züge so in Zweikraft-Fahrzeuge der Reihe 730 umgebaut. Ein solcher Zug erlangte durch das Eisenbahnunglück von Santiago de Compostela in diesem Jahr traurige Berühmtheit.

Doch zurück zu den Fernverbindungen zwischen Barcelona und Valencia. Ebenfalls etwa alle zwei Stunden, zeitlich versetzt zwischen den Euromed, verkehren Züge der Gattung Talgo. Zum Einsatz kommen – wenig überraschend – Wagen der Bauart Talgo, die allerdings lokbespannt von der Baureihe 252 gezogen werden. Die 252 ist eine Weiterentwicklung der deutschen Baureihe 120. Die Ähnlichkeit zum Eurosprinter-Prototyp 127 001, der ebenfalls von der 120 abstammt, ist also nicht nur äußerlich.

RENFE Baureihe 252 mit Talgo-Zug in Tarragona
RENFE Baureihe 252 mit Talgo-Zug in Tarragona

Die Züge haben mehr Zwischenhalte (allerdings nicht jeder die selben) und benötigen daher zwischen 15 und 30 Minuten länger von Barcelona nach Valencia, halten dafür aber dort in der Estació del Nord, die ein wenig näher an der Innenstadt liegt. Viele Zugpaare fahren auch weit über Barcelona und Valencia hinaus. Die interessantesten Zugläufe dürften dabei wohl die Verbindungen von Montpellier über Alicante bis Cartagena (mit Umspurung in Portbou) und die Verbindung von Barcelona França über Valencia nach Sevilla sein. Die Verbindung nach Montpellier ist allerdings von der Einstellung bedroht und wird voraussichtlich durch einen AVE auf der Schnellfahrstrecke ersetzt, sobald die gegenseitige Zulassung von TGV in Spanien und AVE in Frankreich vorliegt.

Talgo-Zug bei der Ausfahrt aus Tarragona
Talgo-Zug bei der Ausfahrt aus Tarragona

Komplettiert wird das Angebot von einzelnen Zügen der Gattung „Intercity“, die mit schnöden „Media-Distancia“-Triebwagen der Reihe 449 gefahren werden sowie einer komfortablen „Trenhotel“-Nachtverbindung mit Talgo-Schlafwagen von Barcelona nach Granada. Auf dem Abschnitt Tarragona-Barcelona wird die Mittelmeerstrecke zudem noch von einem „Estrella“-Nachtzug befahren. Dabei handelt es sich um ein Zugpaar von Madrid nach Barcelona über Zaragoza und Reus, das als Frühverbindung dient und vor dem ersten AVE Madrid bzw. Barcelona erreicht.

RENFE Baureihe 449, im Hintergrund Rodalies-Triebwagen
links: RENFE Baureihe 449, rechts im Hintergrund: Rodalies-Triebwagen

Von den Fernzügen wurden von uns ein Talgo von Tarragona nach Valencia Nord in der Preferente-Klasse und ein Alvia von Valencia Joaquim Sorolla zurück nach Tarragona in der „Turista Plus“ genutzt. Die Inneneinrichtung der lokbespannten Talgo-Züge unterscheidet sich nicht sehr von der in den Talgo 250-Triebzügen. In der Preferente sitzt man auf Stoffsitzen in 2+1-Bestuhlung. Dadurch, dass die Wagen so kurz sind, können sie trotz der passiven Neigung recht breit sein, ohne in Kurven das Lichtraumprofil zu verletzen. Das kommt natürlich dem Komfort zugute. Über Bildschirme an der Decke werden Filme gezeigt, Ohrhörer werden kostenlos ausgeteilt, es funktioniert aber auch jeder standardmäßige Kopfhörer mit dem normalen 3,5 mm-Anschluss. Die „Turista Plus“ unterscheidet sich praktisch nicht von der Preferente, man sitzt nämlich in einem Preferente-Wagen. Angeblich soll der Service ein anderer sein, aber davon war bei unserer Verbindung nichts zu merken. Ich kann hier nur spekulieren, dass es vielleicht was mit dem fehlenden Essensangebot zu tun hat, das im AVE in der Preferente inklusive ist, jedenfalls war auf der Verbindung Valencia-Tarragona im Alvia die Preferente gar nicht buchbar.

Für den Fernverkehr in Tarragona ist natürlich noch der Bahnhof Camp de Tarragona relevant. Man könnte sagen, der Bahnhof ist so etwas wie das „Limburg Süd“ Kataloniens. Er liegt etwa 10 km von der Innenstadt Tarragonas entfernt, von Reus sind es etwa 20 km. Hier hat man die Wahl zwischen schnellen AVE-Zügen der Verbindung Barcelona-Madrid, dem Avant Barcelona-Lleida und dem Alvia, mit dem man von Barcelona über Lleida Ziele wie Pamplona oder Bilbao erreicht. Die Fahrt von Camp de Tarragona nach Barcelona Sants dauert nur 35 Minuten, der Zeitvorteil wird allerdings, wenn man aus der Innenstadt von Tarragona kommt, durch die Anreise zum Bahnhof wieder aufgefressen.

Wenn man nur von Tarragona nach Barcelona fahren will, bringt einem der Fernverkehr bei allem Komfort praktisch keine Vorteile gegenüber den schnellen Regionalexpress-Zügen, die mit gerade einmal 3 (manchmal 4) Zwischenhalten nur wenige Minuten langsamer als die Euromed sind und den unschlagbaren Vorteil haben, dass sie in Barcelona nicht am Bahnhof Sants enden, sondern über den unterirdischen Halt Passeig de Gràcia direkt in der Innenstadt bis zur Estació França durchgebunden sind. Zum Einsatz kommen dreiteilige Triebwagen der Baureihen 470 und 448.

RENFE Baureihe 448 in Tarragona
RENFE Baureihe 448 in Tarragona

Beide haben nur eine Wagenklasse in 2+2-Bestuhlung, mit recht bequemen, wenn auch leider etwas eng stehenden Sitzen. In den 448 mutete der Sitzabstand etwas besser an, dafür haben die 470 breitere und bequemere Einstiege.

RENFE Baureihe 470 in Tarragona
RENFE Baureihe 470 in Tarragona

Die 80 Minuten von Barcelona França nach Tarragona lassen sich jedenfalls gut aushalten. Leider fahren die Züge auch wieder nur annähernd im Taktverkehr, zwischen Barcelona und Tarragona so ungefähr jede halbe Stunde, wenn auch mit ein paar Lücken.

Innenraum der RENFE Baureihe 470
Innenraum der RENFE Baureihe 470

Westlich von Tarragona sieht es da schon nicht mehr ganz so gut aus. Die meisten Züge fahren weiter nach Reus, das man noch mindestens stündlich oder öfter erreicht, die anderen über das vielleicht als Urlaubsort bekannte Salou weiter in Richtung Tortosa. Der eingleisige Engpass zwingt hier zu Abstrichen. In Reus teilt sich die Strecke und man kann nach Zaragoza oder Lleida fahren. Hier wird die Bedienung dann aber wirklich dünn. Einige Züge enden schon in Reus, andere irgendwo zwischen Reus und Zaragoza und nur wenige fahren die ganze Strecke durch. Allerdings ist die Gegend dort auch weitaus dünner besiedelt und wer nach Lleida und Zaragoza will, ist sowieso bedeutend schneller mit dem AVE. Schade ist nur, dass man schon ab 21:30 Uhr nicht mehr von Reus nach Tarragona kommt (in die Gegenrichtung geht es länger), immerhin beides Städte mit über 100.000 Einwohnern, die nur 15 Bahnminuten auseinander liegen. Will man später fahren, muss man auf Busse ausweichen, die die ganze Nacht hindurch unterwegs sind.

RENFE Baureihe 448 in Reus
RENFE Baureihe 448 in Reus

Dass die Express-Züge zwischen Barcelona und Tarragona so schnell sind, liegt daran, dass zwischen Sants und St. Vicenç de Calders nicht gehalten wird. Die Bedienung der Zwischenhalte ist Aufgabe der S-Bahn-ähnlichen „Rodalies“, die im dichten Abstand unterwegs sind. Es kommen verschiedene Baureihen zum Einsatz, darunter sind doppelstöckige Triebwagen mit 3+2-Bestuhlung sowie neue CAF/Alstom „Civia“-Züge. Einzelne Rodalies-Triebwagen „verirren“ sich auch mal in Regionaldiensten bis Reus.

RENFE Baureihe 470 und Güterzug bei der Ausfahrt aus Tarragona
RENFE Baureihe 470 und Güterzug bei der Ausfahrt aus Tarragona

Ähnliche Vorort-Verbindungen gibt es auch auf dem Südabschnitt des Mittelmeerkorridors zwischen Castelló de la Plana und Valencia, aber erstens bin ich mit denen nicht gefahren und zweitens ist der Bericht sowieso schon viel zu lang. Trotzdem wird es noch einen dritten Teil geben, der dann allerdings nicht mehr über die Mittelmeerstrecke handelt, sondern von der „Abschiedstour“ mit dem Elipsos Trenhotel von Barcelona nach Paris.

Ich verabschiede mich mit einem Bild einer in Tarragona mit einem Hilfszug abgestellten sechsachsigen Diesellok der Baureihe 333. Diese Loks stammen aus den 1970er Jahren und wurden zwischen 2000 und 2005 grundlegend modernisiert.

RENFE Baureihe 333 mit Hilfszug in Tarragona
RENFE Baureihe 333 mit Hilfszug in Tarragona

Die Eisenbahn in und um Tarragona, Teil 1: Die Strecken

Natürlich musste während unseres Katalonien-Aufenthalts auch etwa Zeit gefunden werden, um mich meiner Bahn-Leidenschaft zu widmen. Grund genug, ein wenig über die Eisenbahn in und um Tarragona zu berichten.

Der Ausgangspunkt der Verbindung entlang der Mittelmeerküste von Barcelona nach València, an der auch Tarragona liegt, ist der Bahnhof Barcelona Sants. Dieser unterirdische Bahnhof ist so etwas wie der Hauptbahnhof, praktisch alle Fernverkehrszüge halten hier. Unpraktischerweise liegt der Bahnhof Sants nicht wirklich zentrumsnah. Von Sants aus gehen deshalb drei Tunnelstrecken durchs Zentrum.

Bei der neuesten handelt es sich um die normalspurige Schnellstrecke nach Frankreich. Eine Breitspurstrecke verläuft über den in zentraler Innenstadtnähe gelegenen Halt Passeig de Gràcia nach Nordosten mit einer Verbindungskurve zum ehemals wichtigsten Bahnhof der Stadt, der Estació de França. In unmittelbarer Nähe des Haltes Passeig de Gràcia befindet sich übrigens die von Antoni Gaudí entworfene Casa Batllo.

Casa Batllo
Casa Batllo in Barcelona im Januar 2013

Eine weitere Strecke nach Nordosten verläuft über die ebenfalls zentralen, innerstädtischen und unterirdischen Halte Catalunya und Arc de Triomf. An allen Halten außer Estació de França kann in die Metro umgestiegen werden.

Estaciò Barcelona França
Estació Barcelona França

Verlässt man den Bahnhof Sants in südwestlicher Richtung nach Tarragona, geht das entweder über die normalspurige Hochgeschwindigkeitsstrecke, die im Landesinneren verläuft, über die breitspurige Strecke am Mittelmeer entlang oder über eine weitere Breitspurstrecke, die in einem Bogen zunächst mehr oder weniger parallel zur Neubaustrecke verläuft, dann aber wieder zum Meer hin umschwenkt und in Sant Vicenç de Calders wieder auf die Mittelmeerstrecke trifft.

Vereinfachte Darstellung der Bahnstrecken in und um Tarragona
Vereinfachte Darstellung der Bahnstrecken in und um Tarragona

Die Strecke am Mittelmeer ist vermutlich der landschaftlich schönste Teil der ganzen Verbindung von Barcelona nach València. Stellenweise ist die Küste recht steil, die Bahn verläuft dann direkt am Wasser, abschnittsweise auch in zum Meer hin offenen Galerien. Kleine Landvorsprünge werden mit Tunnels durchschnitten. Wo die Küste weniger steil ist, verläuft die Bahn oft direkt hinter dem Strand.

Triebzug der RENFE-Baureihe 130 bei der Ausfahrt aus Tarragona
Triebzug der RENFE-Baureihe 130 bei der Ausfahrt aus Tarragona

In Tarragona gibt es zwei Bahnhöfe, zum einen den direkt am Mittelmeer und in Innenstadtnähe gelegene Bahnhof Tarragona.

Bahnhof Tarragona
Bahnhof Tarragona

Hier zweigt eine zweigleisige Strecke ins Landesinnere nach Reus ab, außerdem befinden sich etwas außerhalb der Stadt ausgedehnte Anlagen der chemischen Industrie, ein Hafen und ein angemessen großer Güterbahnhof.

Güterzug bei der Ausfahrt aus Tarragona Richtung Barcelona
Güterzug bei der Ausfahrt aus Tarragona in Richtung Barcelona

An der Hochgeschwindigkeitsstrecke, etwa 10 km von der Küste entfernt, liegt der AVE-Bahnhof Camp de Tarragona.

Bahnhof Camp de Tarragona
Bahnhof Camp de Tarragona im Januar 2013

Dieser ist ziemlich unspektakulär, aber immerhin gibt es eine Lounge für Fahrgäste der Preferente- und Club-Klasse und eben eine schnelle Anbindung nach Madrid. Bei einem früheren Besuch im Januar war nicht besonders viel los.

Lounge im Bahnhof Camp de Tarragona im Januar 2013
Lounge im Bahnhof Camp de Tarragona im Januar 2013

Die Mittelmeerstrecke von Barcelona nach Valencia ist als Verbindung der zweit- und drittgrößten Stadt Spaniens recht wichtig für den Fern- und Güterverkehr. Bis auf ein kurzes Stück südwestlich von Tarragona ist die Strecke durchgehend zweigleisig. Trotz der Bedeutung ist bisher noch keine vollständig normalspurige Linie in Sicht, da zum Ärgernis der Katalanen sternförmig auf Madrid ausgerichtete Linien bevorzugt behandelt werden. Man kann trefflich darüber spekulieren, ob das wirklich den Verkehrsbedürfnissen oder doch eher den politischen Interessen der Zentralregierung entspricht. Immerhin ist die Linie zum Teil für Geschwindigkeiten bis 220 km/h ausgebaut und bei Tortosa wurde schon vor einiger Zeit die alte Ebro-Querung durch eine neue mit direkterer Linienführung ersetzt. Tortosa selbst wurde dadurch allerdings zum Kopfbahnhof und ist von der durchgehenden Hauptstrecke nur noch über eine Stichstrecke angebunden. Nördlich von València gibt es immerhin Planungen für eine parallel zur Bestandsstrecke verlaufende Normalspurlinie. Nur dort, wo der Leidensdruck durch den eingleisigen Engpass bei Tarragona am größten ist, ist eine Umgehung bereits im Bau.

Der zentrale Bahnhof in València ist der äußerst schmucke Kopfbahnhof Estaciò del Nord.

València Estaciò del Nord
València Estació del Nord (Panorama)

Trotz des Namens handelt es sich nicht wirklich um einen „Nordbahnhof“. Hier halten zwar durchaus die Züge von und nach Norden, aber die aus allen anderen Richtungen auch. Er liegt auch nicht im Norden, sondern sehr zentral, aber gerade südlich der Altstadt. Direkt neben dem Bahnhof befindet sich die Stierkampfarena, in der zur Zeit unseres Besuchs allerdings das Oktoberfest stattfindet.

Plaza de Toros in València
Plaza de Toros in València

Für den Hochgeschwindigkeitsverkehr wurde ein Stückchen daneben der Kopfbahnhof Joaquim Sorolla, im absoluten Kontrast ein schlichter, weil eigentlich nur als Provisorium gedachter Zweckbau, mit einem normal- und einem breitspurigen Teil eröffnet. Hier halten ausschließlich Fernverkehrszüge. Der normalspurige Teil ist der Endpunkt der AVE-Strecke aus Madrid. Über einen „Cambiador“, also eine Spurwechselanlage System Talgo, kann man vor dem Bahnhof von der Normalspurstrecke in den breitspurigen Teil fahren. Die breitspurige Ausfahrt läuft direkt mit der Strecke aus dem Nordbahnhof zusammen. Zwischen Nord und Joaquim Sorolla gibt es aber keine Schienenverbindung, ein Zug hält also entweder in dem einen oder dem anderen Bahnhof. Kommt man in Joaquim Sorolla an und möchte zur Estaciò del Nord, um zum Beispiel mit den Vorortzügen (Cercanías bzw. Rodalies) weiterzufahren oder in die Stadt zu kommen, kann man entweder einen Shuttlebus benutzen oder die 800m Weg eben laufen.

Schalterhalle im Bahnhof Valencia Nord
Schalterhalle im Bahnhof Valencia Nord

Langfristig ist geplant, die beiden Bahnhöfe durch einen neuen, tiefergelegten Hauptbahnhof „Parc Central“ zu ersetzen mit der Option, diesen über eine Tunnelstrecke durch das Stadtzentrum auch direkt nach Norden anzubinden. Da sowohl die valencianische Gemeinschaft im besonderen als auch der spanische Staat allgemein bekanntermaßen derzeit etwas knapp bei Kasse sind, wird der Bahnhof Joaquim Sorolla aber vermutlich noch eine ganze Weile Bestand haben.

Bahnhof Valencia Nord bei Nacht
Bahnhof Valencia Nord bei Nacht

Bis dahin lohnt es sich, noch ein wenig im Inneren der Estaciò del Nord zu verweilen und den kunstvoll gestalteten Wartesaal zu betrachten.

Alter Wartesaal im Bahnhof Valencia Nord
Alter Wartesaal im Bahnhof Valencia Nord

Im zweiten Teil wird es um den Zugbetrieb und den Fahrzeugeinsatz bei den durch Tarragona fahrenden Zügen gehen.

Katalonien und die Unabhängigkeit

Vor zwei Wochen gab es am katalanischen Nationalfeiertag (wie auch schon vor einem Jahr) landesweite Demonstrationen mit einer Menschenkette von den Pyrenäen bis zur Grenze zur valencianischen Gemeinschaft. Doch warum wollen viele Katalanen eigentlich die Unabhängigkeit?

Flaggen der katalanischen Unabhängigkeitsbefürworter am Mercadal in Reus
Flaggen der katalanischen Unabhängigkeitsbefürworter am Plaça del Mercadal in Reus

Katalonien hat seine eigene Sprache, die sich von Spanisch mindestens so stark wie das Niederländische vom Deutschen unterscheidet und sprachwissenschaftlich auch als eigene Sprache und nicht nur als Dialekt gilt. Katalonien hat seine eigene Kultur. Die (im vorletzten Eintrag gezeigten) Castells gibt es nur hier. Dazu werden die Gralles gespielt. Die Gralla ist ein Holzblasinstrument, das es auch in die aktuelle Rockmusik geschafft hat. Flamenco und Kastagnetten gibt es hier nicht, von daher ist diese Fernsehwerbung für einen bekannten katalanischen Cava mit dem X im Namen – einem Buchstaben, den es im Katalanischen gibt, im Spanischen aber nur in Fremdwörtern – ein ziemlicher Bull. Womit wir beim nächsten Punkt wären: Stierkämpfe spielen in Katalonien keine Rolle und sind seit 2012 verboten.

Besonders in den deutschsprachigen Medien werden spätestens seit letztem Jahr hauptsächlich wirtschaftliche Gründe für den Wunsch nach Unabhängigkeit vorgebracht, doch das greift viel zu kurz. Natürlich ist es eine Tatsache, dass Katalonien die wirtschaftlich stärkste Region Spaniens ist. An den Zentralstaat und in die anderen Regionen geht derart viel Geld, dass dagegen der deutsche Länderfinanzausgleich ein Witz ist. Im Verhältnis gesehen fließt netto etwa das Zehnfache dessen ab, was Bayern zahlt, obwohl Katalonien selbst trotz seiner wirtschaftlichen Stärke stark verschuldet ist.

Doch die Unabhängigkeitsforderungen werden nicht so sehr von den hohen Zahlungen an sich befeuert, sondern viel mehr durch die Tatsache, dass die Katalanen den Eindruck haben, dass vom Zentralstaat nichts zurückkommt außer einer wachsenden Bevormundung. Das liegt aber auch an einer Art Konstruktionsfehler des spanischen Staates. Nach dem Ende der Franco-Diktatur – in der übrigens die katalanische Sprache verboten war – und der Wiedereinführung der Demokratie begann eine Dezentralisierung. Es wurden 17 autonome Gemeinschaften gebildet, die jedoch, anders als beispielsweise die deutschen Bundesländer, sehr unterschiedliche Kompetenzen haben und deren Zuständigkeiten nicht in einem Grundgesetz, sondern in Autonomiestatuten geregelt ist. Ein dem deutschen Bundesrat entsprechendes Organ gibt es nicht.

Ein Beispiel für die unterschiedliche Behandlung der autonomen Gemeinschaften ist dabei in der Tat auch das liebe Geld. So haben nur das Baskenland und Navarra eine teilweise Finanzhoheit, die anderen Gemeinschaften nicht. Zwischen dem Baskenland und dem Zentralstaat besteht ein „Fiskalpakt“, Katalonien wurde dies verwehrt.

Aber, wie schon gesagt, sind es eben nicht nur die Finanzen: Aufruhr erzeugte eine Einmischung des spanischen Staates in das katalanische Schulsystem. Der Zentralstaat möchte die Verwendung der katalanischen Sprache in Grundschulen zurückdrängen und einige Regelungen Kataloniens wurden für verfassungswidrig erklärt. Vor dem Hintergrund der Erinnerung an die Unterdrückung Kataloniens und der katalanischen Sprache und Kultur in der Zeit der Franco-Diktatur liegt auf der Hand, dass gerade dies als besonderer Einschnitt empfunden wird. Der Streit darum, ob Katalonien im Autonomiestatut nun als eine „Nation“ oder nur eine „Nationalität“ bezeichnet wird, mutet dagegen schon wieder fast banal an, aber da „Nation“ hier hauptsächlich als „Kulturnation“ verstanden wird, wird auch dieser Punkt vor dem selben Hintergrund betrachtet als Bevormundung empfunden. Überhaupt wäre auch völlig unabhängig davon eine stärkere, gesamtspanische Aufarbeitung der Franco-Zeit sicher wünschenswert, was sicherlich auch zu besseren Beziehungen zwischen Katalonien und „Restspanien“ beitragen könnte.

In deutschen Medien werden gelegentlich Vergleiche zu den Unabhängigkeitsbestrebungen der „Lega Nord“ in Italien oder der „Vlaams Belang“ in Flandern gezogen. Doch das ist völlig falsch. Während die norditalienischen und flämischen Unabhängigkeitsbefürworter politisch rechts einzuordnen sind, ist die katalanische Unabhängigkeitsbewegung ganz eindeutig links. Dass es in Katalonien nicht nur um wirtschaftliche Gründe geht, was man ja den Norditalienern unterstellt, sieht man auch daran, dass einige Gruppierungen und Parteien eine Unabhängigkeit nicht nur für Katalonien, sondern für die „katalanischen Länder“ fordern, was die Balearen und das wirtschaftlich schwächere Valencia mit einschließt. Auch sind die katalanischen Unabhängigkeitsbefürworter für einen Verbleib in der EU. Wenn man schon Vergleiche zu anderen Ländern ziehen möchte, so wäre das vielleicht am ehesten noch mit Irland möglich, dass sich 1922 nach Jahrhunderten vom Vereinigten Königreich loslösen konnte und dessen Unabhängigkeit heute niemand mehr in Frage stellt.

Doch wohin wird für Katalonien die Reise gehen? Für 2014 ist ein Unabhängigkeitsreferendum geplant, doch der spanische Staat wird eine Unabhängigkeit sicher nicht akzeptieren. Ein von manchen ins Spiel gebrachtes Eingreifen des Militärs muss man wohl als Säbelrasseln und Rückgriff in die Vergangenheit der Diktatur abtun, dennoch wird Spanien Katalonien nicht so einfach gehen lassen. Möglicherweise wird eine Neuorganisation der Autonomiestatuten eine Entlastung bringen und sogar nötig sein, um den Frieden zu wahren. Eine Unsicherheit ergibt sich aus der Rolle des Königshauses. Der spanische König ist momentan gesundheitlich stark angeschlagen und niemand weiß, was kommt. So könnten sich möglicherweise nach Juan Carlos Befürworter einer Republik durchsetzen, was auch eine Neuordnung Spaniens bedeuten würde.

Quellen und weiterführende Links:

http://www.fr-online.de/politik/unabhaengigkeit-katalonien-spanien-die-abtruennigen,1472596,24286384.html

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/katalonien-in-der-not-fuer-die-unabhaengigkeit-11886374.html

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/eurokrise/spanien/katalonische-unabhaengigkeitsforderung-ein-neuer-staat-in-europa-11947767.html

http://www.nzz.ch/aktuell/international/uebersicht/katalanen-und-basken-protestieren-gegen-schulreform-1.17869254