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Compact Discs und Verwandte, Teil 9: DVD-Audio (und SACD)

Was ist DVD-Audio?

Wie in Teil 7 beschrieben, lässt die DVD-Video eine Lücke offen: Mehrkanal-Ton kann nicht verlustfrei abgespielt werden. Theoretisch ließe sich bei der DVD-Video PCM-Ton mit mehr als 2 Kanälen nutzen, in der Praxis kommt das aber nicht vor und wenn Audio mit mehr als 16 Bit und 48 kHz benutzt werden soll reicht die maximal erlaubte Datenrate nicht mehr.

DVD-Audio wurde im Jahr 2000 vorgestellt, um diese Lücke zu füllen und vor allem um ganz allgemein ein Nachfolgeformat für die CD anzubieten. Wegen des ausschließlichen Fokus auf Musik mit höherer Tonqualität als CD wurde die DVD-Audio mit mehreren möglichen Sampling-Raten von 44,1 kHz bis 192 kHz und Bittiefen bis 24 Bit bei bis zu 6 Kanälen spezifiziert. Da die DVD-Audio die gleiche maximal erlaubte Datenrate wie die DVD-Video hat, ist hier eine Komprimierung zwingend. Es wurde hierfür Meridian Lossless Packing (MLP) gewählt, das für Tonformate, bei denen sonst die Datenrate überschritten würde, verpflichtend ist.

Verlustfreie Kompressionsalgorithmen haben von Natur aus die Eigenschaft, dass die Datenrate der Ausgabe variabel ist und dass sie nur im durchschnittlichen Fall tatsächlich kleiner ist als die der Eingabe. Im Worst Case, also in bestimmten ungünstigen Ausgangssituation, ist bei verlustfreier Kompression nicht garantiert, dass die Datenmenge tatsächlich kleiner wird. Bei der DVD-Audio muss dann, um die Einhaltung der maximalen Datenrate zu garantieren, MLP in einen verlustbehafteten Modus zurückfallen. MLP ist also in Wahrheit nur meistens lossless.

DVD-Audio wurden in Jewel Case-Hüllen angeboten, die etwas größer als CD-Hüllen, aber kleiner als DVD-Video-Hüllen waren.

Die meisten DVD-Audio sind gleichzeitig auch DVD-Video und lassen sich als solche mit einem gewöhlichen DVD-Video-Player abspielen, dann aber logischerweise ohne die gerade beschriebenen Features.

Nicht nur deswegen werden sehr oft „echte“ DVD-Audio und DVD-Video mit Musik-Inhalt verwechselt und zwar auch von Verkaufsplattformen und Katalogen, wo sie dann falsch gekennzeichnet sind. Eine echte DVD-Audio erkennt man daran, dass im Dateisystem ein Ordner AUDIO_TS existiert in dem auch tatsächlich Dateien drin sind. (Bei vielen DVD-Video existiert ebenfalls dieser Ordner, ist aber leer.) Wenn der Ordner VIDEO_TS ebenfalls vorhanden und gefüllt ist, handelt es sich um eine Disc, die sowohl als DVD-Audio als auch als DVD-Video funktioniert.

Am Markt war die DVD-Audio nicht besonders erfolgreich. Es werden spezielle DVD-Audio-Player benötigt und wer sich zur Zeit der Markteinführung gerade erst einen Player für die kurz zuvor eingeführte DVD-Video angeschafft hatte, wollte nicht direkt schon wieder ein neues Gerät kaufen. Wie eben beschrieben lassen sich die meisten DVD-Audio auch als DVD-Video abspielen, dann üblicherweise mit verlustbehaftet komprimiertem Surround-Sound, was von einigen Kunden bestimmt auch als ausreichend angesehen wurde. Die DVD-Audio befand sich außerdem von Anfang in einem „Formatkrieg“ mit der konkurrierenden Super Audio CD, die sich, wenn auch auf insgesamt niedrigem Niveau, gegen die DVD-Audio durchgesetzt hat und noch heute verwendet wird, Die DVD-Audio spielte schon 2007 praktisch keine Rolle mehr.

Wie abspielen?

Es sind einige (wenige) aktuelle Multi-Format-Player erhältlich, die noch DVD-Audio abspielen. Dazu zählt der Sony UBP-X800M2, aber wirklich nur dieses Modell und nicht die kleineren Versionen wie z.B. der UBP-X700.

Die meisten DVD- und Blu-ray-Player spielen nur den DVD-Video-Teil, sofern vorhanden, und CD-Player können mit DVD-Audio gar nichts anfangen.

Wie migrieren?

Zum Abspielen (und Migrieren) am Rechner kommt wieder foobar2000 zum Einsatz. Es wird das Plugin „DVD-Audio Decoder“ benötigt, das Open Source ist und eine Projektseite bei SourceForge hat.

Im Öffnen-Dialog von foobar wählt man dann von der DVD aus dem Verzeichnis AUDIO_TS die Datei AUDIO_TS.IFO. Die Track-Liste wird dann so angezeigt wie in dem Screenshot, also mit Angabe von Samplingrate und Anzahl der Kanäle.

Von hier kann die DVD direkt abgespielt oder über den Convert-Dialog in ein beliebiges anderes Format konvertiert werden. FLAC und ALAC (Apple Lossless) unterstützen beide auch Mehrkanal-Audio.

Hier hatte ich übrigens schon mal den Bug, dass ich die Tracks jeweils einzeln konvertieren musste, weil das Programm anscheinend versucht hat, mehrere Tracks gleichzeitig zu laden und zu konvertieren, was beim direkten Laden von der DVD Probleme macht.

Aktuelle Situation und Alternativen

Super Audio CD

Die ein Jahr von der DVD-Audio erschienene SACD war, wenn auch im Vergleich zur CD auf sehr niedrigem Niveau, langfristig erfolgreicher als die DVD-Audio und es erscheinen weiterhin neue Veröffentlichungen auf SACD, meist im Klassikbereich und von kleineren Labels, zum Beispiel dem deutschen Label MDG oder auch dem Eigenlabel des London Symphony Orchestra (LSO).

Technisch ist die SACD auf der physischen Ebene ähnlich zur DVD, aber nicht kompatibel. Die meisten (aber nicht alle) SACD sind Hybrid-SACD, die aus einer SACD-Layer und einer CD-Layer bestehen. Anders als bei der DualDisc sind bei der SACD aber die beiden Schichten auf einer Seite. CD- und DVD-Laufwerke einschließlich Computer-Laufwerken können die SACD-Layer nicht auslesen und erkennen eine Hybrid-SACD nur als gewöhnliche CD. Es werden aktuell (meist sehr teure) Stand-Alone-SACD-Player angeboten, aber viele Blu-ray-Player spielen auch SACD ab. Bei Sony beispielsweise können alle aktuellen UHD-(4K)-Blu-ray-Player SACD wiedergeben. (Aber nicht die aktuell verkauften Sony-Blu-ray-Player, die kein UltraHD unterstützen!)

Moderne UHD-Blu-ray-Player können meistens auch SACDs abspielen.

Die SACD unterstützt Tonspuren in Stereo und/oder Surround mit bis zu 6 Kanälen und verwendet anders als CD, DVD und Blu-ray nicht Puls-Code-Modulation (PCM), sondern Puls-Dichte-Modulation, hier auch DSD (Direct Stream Digital) genannt.

Blu-ray Pure Audio

Die aktuelle Alternative zur obsoleten DVD-Audio und der noch aktuellen, aber wenig verbreiteten SACD ist die Blu-ray Disc. Bei der Blu-ray stehen (im Gegensatz zur DVD-Video) mit Dolby TrueHD (eine Weiterentwicklung von MLP der DVD-Audio) bzw. Dolby Atmos und DTS-HD Master Audio Mehrkanal-Tonformate mit verlustfreier Kompression zur Verfügung. Das Label Deutsche Grammophon vermarktet Blu-rays mit Audio-Inhalten ohne Bewegtbild auch als „Blu-ray Pure Audio“, technisch sind das aber gewöhnlich Blu-ray-Discs, auf denen Musik drauf ist und die statt einem Film dazu ein Standbild zeigen.

Blu-ray Pure Audio mit Ton in PCM Stereo bei 24 Bit und 192 kHz sowie DTS-HD MA 5.1 und Dolby Atmos.

Schlusswort

Spätestens bei der Blu-ray sind wir jetzt bei einem Format angekommen, dass schon nicht mehr wirklich etwas mit dem eigentlichen Thema der Serie zu tun hat. Zwar werden keine physischen Datenträger in Zeiten von Streaming mehr an die Bedeutung herankommen, die die CD in 1990er-Jahren hatte, aber Musik-Blu-rays und sogar SACD würde ich auch nicht in die Kategorie der besonders seltenen und kuriosen Formate einordnen. Bei den anderen habe ich die Formate, mit denen ich selber schon zu tun hattte und die ich dokumentieren wollte, damit ich selber nachschauen kann, wie ich die rippen muss, jetzt abgehakt.

Somit wären wir jetzt erst mal am Ende der Serie über seltene, wenig genutzte Features und Abwandlungen von CDs und DVDs angelangt. Vielleicht war’s ja auch für jemand anders informativ. 🙂

Compact Discs und Verwandte, Teil 1: Übersicht

Da ich zur Zeit dabei bin, meine CD-Sammlung zu vervollständigen – Ja, es gibt noch Leute, die CD hören! – und mir dabei auch immer wieder ungewöhnliche Formate begegnen, technisch wie inhaltlich, schreibe ich mal ein paar Notizen auf. Ich will dabei zusammen tragen, welche selten genutzte Formate, Features und sonstige Skurrilitäten mir dabei begegnet sind und ob es beim Abspielen (auch auf dem Rechner) was beachten gibt. Zu den Themen, die ich hier betrachten will, zählen alle optischen Datenträger, auf denen Musik gespeichert ist und die mir begegnet sind. Dazu zählen CD, DVD, Blu-ray und SACD, und zwar speziell solche mit wenig genutzten Features oder sonstigen Besonderheiten.

Worum es hier geht

Worum es hier nicht geht

Allgemein bekannte Eigenschaften und Features der gängigen Medien lasse ich außen vor, da es da bestimmt keinen großen Erkenntnisgewinn geben würde. Die MiniDisc als magneto-optisches Format – und vor allem, weil ich keine habe – ist außen vor. Ich möchte hier über Sachen schreiben, mit denen ich mich selber schon beschäftigt habe. CD-Text ist auch raus. Gängige Software kann das, es ist also kein seltenes Feature. Ich habe mich auch noch nicht wirklich damit befasst, weil ich keinen Standalone-Player habe, der CD-Text anzeigt und ich auch keine CDs selber brennen will; und für’s Migrieren auf den Rechner nehme ich die Metadaten aus jeder Quelle, aus der ich sie kriegen kann, also meistens aus Datenbanken wie MusicBrainz oder Gnudb. CD-Graphics ist raus, da mir noch keine untergekommen ist. Photo-CDs sind raus, weil’s keine Musik ist. CD-i sind sowas von raus, wegen beidem. CD-Extra, also Musik-CDs mit zusätzlich Daten in einer zweiten Session oder verstecktem Track, sind verhältnismäßig weit verbreitet und benötigen keine Sonderbehandlung beim Abspielen und sind von daher nicht Thema (aber für ein anderes Beispiel mit Goodies in einem Filesystem, siehe MVI).

Über SACD und Blu-ray Pure Audio werde ich wohl am Rande ein bisschen was schreiben, aber die beiden Formate sind sowohl aktuell als auch verhältnismäßig weit verbreitet und von daher nicht im Fokus.

Da das Thema trotzdem recht umfangreich ist, wird das wohl eine mehrteilige Serie, mit ein paar kurzen und ein paar längeren Teilen, mit Anekdoten oder auch mehr oder weniger nützlichen Tipps (und Notizen für mich selber, damit ich auch später noch weiß, was ich da selber gemacht habe…)

Hinweis: Dieser Blog-Eintrag wurde und wird im Lauf der Serie weiter aktualisiert, wenn mir selber klarer wird, was ich dokumentieren will und was nicht.