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Pilars Caminants

Ähnlich wie die Castells gehören auch die Pilars Caminants, die „laufenden Säulen“, zur Tradition der Menschentürme. Zwar sind die Pilars nicht so hoch und aufwändig wie die Castells, aber dafür müssen sie nicht still an einer Stelle bleiben! Aus Anlass des Festes der Santa Tecla üben derzeit die Xiquets de Tarragona öffentlich an der Kathedrale von Tarragona wie hier auf dem Foto von gestern Abend. Selbst die Treppen meistern sie perfekt!

Pilar Caminant der Xiquets der Tarragona an der Treppe der Kathedrale von Tarragona
Pilar Caminant der Xiquets der Tarragona auf der Treppe der Kathedrale

Santa Tecla 2014 in Tarragona: Castells

Heute begann in Tarragona das diesjährige Santa Tecla-Fest.

Offizielles Logo Santa Tecla 2014

Wie jedes Jahr war einer der ersten Programmpunkte heute Mittag um 12 Uhr das Bauen von Castells. Verschiedene Castellers-Gruppen zeigten absolut spektakuläre Türme, die so erst wenige Male in der Geschichte probiert wurden und es in einigen Fällen noch nie gelungen ist, sie unfallfrei auch wieder abzubauen.

Die Bezeichnung der Castells richtet sich im wesentlichen nach der Anzahl der Castellers pro Stockwerk und der Anzahl der Stockwerke, wobei die Basis und das kleine Kind oben („Eichhörnchen“) mitzählen. Ein „2de9“ ist zum Beispiel ein neunstöckiges Castell mit zwei Castellers auf den mittleren Ebenen. Eine Verstärkung auf der zweiten Ebene heißt „folre“, eine Verstärkung auf der dritten Ebene heißt „manilles“ und eine zusätzliche innere Säule wird „agulla“ genannt. Ein angehängter Buchstabe kennzeichnet das, ein „4de9fa“ ist also ein neunstöckiges Castell mit Verstärkung auf der 2. Ebene und 5 Castellers pro Ebene, von denen 4 außen stehen und der fünfte in der Säule in der Mitte.

Die Castells werden in unterschiedliche Schwierigkeitsklassen unterteilt, einige der heute gesehenen gehören zur höchsten Kategorie „Gamma Extra“. Die heute anwesenden Gruppen war die beiden lokalen „Colla Jove de Tarragona“, „Xiquets de Tarragona“ und aus dem Umland die „Colla Vella de Valls“ und die „Castellers de Vilafranca“.

Ich bin kein Experte, von daher bitte ich schon mal im Voraus um Entschuldigung, wenn mir bei der Benennung der Castells und der Gruppen in der Bildbeschriftung Fehler unterlaufen sind und wenn es jemand besser weiß, möge er oder sie bitte einen Kommentar hinterlassen!

2de9fm der Colla Jove de Tarragona
2de9fm der Colla Jove de Tarragona

Schwieriger als der 2de9fm ist der 2de9f, also mit Verstärkung nur auf der zweiten, aber nicht auf der dritten Ebene. Bisher gelang es noch nie, dieses Castell auch wieder ohne Einsturz abzubauen. Heute wurde ein 2de9f von der Colla Vella aus Valls gezeigt.

2de9f der Colla Vella de Valls (auf dem Plaça de la Font in Tarragona)
2de9f der Colla Vella de Valls (auf dem Plaça de la Font in Tarragona)

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Correfoc

Es ist dunkle Nacht. Die Straßenbeleuchtung ist ausgeschaltet, ebenso die Leuchtreklame. Unter den vielen Menschen auf der Rambla Nova herrscht eine Art angespannter Ruhe. Bald beginnt in der Ferne ein archaisches Trommeln. Plötzlich Donnergrollen, Feuerschein, Rauch steigt auf. Noch ist es weit entfernt, man kann nur ahnen, was dort gerade für ein Inferno losgebrochen ist.

Das Feuer erlischt wieder, aber das Trommeln dauert an und rückt langsam, aber unaufhaltsam näher. Jetzt hört man auch die Gralles. Es dauert nun nicht mehr lange, bis der erste Feuerteufel da ist.

Correfoc

Ehe ich’s mir recht versehe, stehe ich im Feuerregen und hole mir Brandblasen.

Correfoc

Zwischendurch ebbt das Getöse ab, die Fackelträger müssen nachlegen.

Correfoc

Der Feuerzug wird begleitet von grotesken Drachen.

Correfoc

Gut anderthalb Stunden dauert es, bis alle Dämonen wieder dort hin verschwunden sind, wo sie herkamen. Doch die Ruhe ist nur von kurzer Dauer.

Abermals donnert es in der Ferne, doch diesmal kommen die Donnerschläge viel schneller näher als beim ersten Mal. Über die ganze Länge der Rambla ist eine Böllerkette gespannt, die jetzt entzündet ist. Die Explosionen kommen im Sekundentakt näher und die Fackelträger rennen parallel mit. Schließlich ist der Balcó del Mediterrani erreicht. Das Feuerwerk beginnt. Visca Santa Tecla!

Correfoc

 

Die Eisenbahn in und um Tarragona, Teil 2: Die Züge

Nachdem es im ersten Teil um die Strecke entlang des Mittelmeers von Barcelona über Tarragona nach Valencia ging, möchte ich nun noch ein wenig darüber berichten, welche Züge denn dort so fahren und wie der Fahrplan aussieht.

Die gesamte Mittelmeerstrecke ist als Verbindung der zweit- und drittgrößten Stadt Spaniens (oder vielleicht sollte man besser sagen: der beiden größten Städte der Katalanischen Länder) viel befahren. Die Auslastung variiert jedoch auf den einzelnen Teilabschnitten sehr stark: Je näher man sich an die beiden Metropolen heran bewegt, desto mehr Vorortverkehr kommt dazu, während auf dem Mittelteil zwischen L’Aldea-Amposta-Tortosa und Castelló de la Plana im Regionalverkehr nur vier Zugpaare am Tag fahren. Aber auch dort bleibt einiges an Fern- und Güterverkehr.

Der Güterverkehr in und um Tarragona ist weitgehend in der Hand der zur Bombardier TRAXX-Familie gehörenden Loks der Baureihe 253 der Güterverkehrssparte RENFE Mercancias. Neben durchgehenden Zügen spielt die Bedienung der chemischen Industrie und des Hafens in Tarragona eine große Rolle.

RENFE 253 mit Kesselwagen vor dem Amphitheater in Tarragona
RENFE Baureihe 253 mit Kesselwagen vor dem Amphitheater in Tarragona

Der Fernverkehrsfahrplan entlang der Mittelmeerküste ist mit je nach Wochentag zwischen 12 und 15 Fahrten ganz gut, von einem echten Taktfahrplan kann man aber nicht gerade sprechen. Man kann nur sagen, dass man ungefähr jede Stunde von Barcelona nach Valencia kommt, aber von Abweichungen im Minutenbereich bis zu einer komplett anderen Zuggattung zwischendurch ist alles dabei. Überhaupt sind die Gattungen der Fernverkehrszüge in Spanien auf den ersten Blick eher undurchschaubar. Die besagten 15 Fernverkehrszüge zwischen Barcelona und Valencia verteilen sich auf sage und schreibe 5 Kategorien und um die Konfusion zu komplettieren, wird in Valencia mal der Nordbahnhof und mal der Bahnhof Joaquim Sorolla angefahren.

Naja, ein paar Gesetzmäßigkeiten gibt es dann doch: Etwa alle zwei Stunden fährt ein Euromed von Barcelona Sants nach Joaquim Sorolla, der dazwischen nur in Tarragona und Castelló de la Plana hält und die Strecke in 2 Stunden und 59 Minuten schafft. Etwa die Hälfte der Züge fährt von Valencia weiter nach Alacant (Alicante). Früher wurden die Euromed mit der RENFE-Baureihe 101 gefahren. Das ist eine Breitspurversion der vom TGV abgeleiteten ersten AVE-Baureihe, die bei der RENFE als Baureihe 100 bezeichnet wird. Die Züge der Reihe 101 wurden inzwischen allesamt auf Normalspur umgebaut, in die Baureihe 100 eingegliedert und fahren jetzt als AVE hauptsächlich zwischen Madrid und Sevilla. Heute wird auf den Euromed-Verbindungen die Baureihe 130 eingesetzt, besser bekannt als Talgo 250 oder „Patito“ (kleine Ente).

RENFE Baureihe 130 (Talgo 250) in Tarragona
RENFE Baureihe 130 (Talgo 250) in Tarragona

Die Talgo 250 gelten als die ersten Serienfahrzeuge, die sich als kompletter Zug inklusive der Triebfahrzeuge während der Fahrt umspuren lassen. Die Züge haben an jedem Ende einen Triebkopf mit elektrischer Ausstattung von Bombardier, der über neu entwickelte, nach dem System Talgo umspurbare Triebdrehgestelle verfügt. Dazwischen ist ein Wagenzug vom Typ Talgo 7 eingereiht. Charakteristisch für die Talgo-Züge sind kurze Wagen, zwischen denen sich Einzelradlaufwerke befinden. Nur die Endwagen haben zusätzlich ein weiteres Einzelradfahrwerk. Der Zug ist also betrieblich nicht zu trennen. Im Gegensatz zu so ziemlich allen anderen Eisenbahnfahrzeugen haben die Talgo-Wagen keine durchgehenden Radsatzwellen. Die Räder sitzen auf kurzen Stummelachsen, das ganze Fahrwerk wird von einem aufrecht stehenden, U-förmigen Rahmen zusammengehalten, an dem die Wagenkästen oben pendelnd an Luftfedern aufgehängt sind. Die Wagenkästen können sich in Kurven durch die Fliehkraft aus der Senkrechten bewegen, man kann also von einer passiven Neigetechnik sprechen. Diese dient allerdings weniger zur Geschwindigkeits-, sondern zur Komfortsteigerung. Wegen der Kombination aus Einzelrädern und der pendelnden Aufhängung zeichnen sich die Talgo-Wagen durch eine außergewöhnliche Laufruhe aus.

RENFE Baureihe 130 vor dem Amphitheater in Tarragona
RENFE Baureihe 130 vor dem Amphitheater in Tarragona

Die Euromed-Verbindungen laufen komplett auf Breitspur, es wird hier also von der Spurwechselfähigkeit keinen Gebrauch gemacht. Zugläufe, die mit Talgo 250 gefahren werden und sowohl Normal- als auch Breitspurstrecken befahren, werden von der RENFE als „Alvia“ bezeichnet. Es gibt auf dem Mittelmeerkorridor ein Zugpaar von Madrid über Valencia nach Barcelona und zurück, das zwischen Madrid und Valencia die Hochgeschwindigkeitsstrecke benutzt und vor dem Bahnhof Joaquim Sorolla durch den „Cambiador“ fährt.

RENFE Baureihe 130 in Barcelona França
RENFE Baureihe 130 in Barcelona França

Bei einigen Talgo 250-Zügen wurde hinter dem Triebkopf der Endwagen des Talgo-Zuges durch einen Generatorwagen ersetzt und die Züge so in Zweikraft-Fahrzeuge der Reihe 730 umgebaut. Ein solcher Zug erlangte durch das Eisenbahnunglück von Santiago de Compostela in diesem Jahr traurige Berühmtheit.

Doch zurück zu den Fernverbindungen zwischen Barcelona und Valencia. Ebenfalls etwa alle zwei Stunden, zeitlich versetzt zwischen den Euromed, verkehren Züge der Gattung Talgo. Zum Einsatz kommen – wenig überraschend – Wagen der Bauart Talgo, die allerdings lokbespannt von der Baureihe 252 gezogen werden. Die 252 ist eine Weiterentwicklung der deutschen Baureihe 120. Die Ähnlichkeit zum Eurosprinter-Prototyp 127 001, der ebenfalls von der 120 abstammt, ist also nicht nur äußerlich.

RENFE Baureihe 252 mit Talgo-Zug in Tarragona
RENFE Baureihe 252 mit Talgo-Zug in Tarragona

Die Züge haben mehr Zwischenhalte (allerdings nicht jeder die selben) und benötigen daher zwischen 15 und 30 Minuten länger von Barcelona nach Valencia, halten dafür aber dort in der Estació del Nord, die ein wenig näher an der Innenstadt liegt. Viele Zugpaare fahren auch weit über Barcelona und Valencia hinaus. Die interessantesten Zugläufe dürften dabei wohl die Verbindungen von Montpellier über Alicante bis Cartagena (mit Umspurung in Portbou) und die Verbindung von Barcelona França über Valencia nach Sevilla sein. Die Verbindung nach Montpellier ist allerdings von der Einstellung bedroht und wird voraussichtlich durch einen AVE auf der Schnellfahrstrecke ersetzt, sobald die gegenseitige Zulassung von TGV in Spanien und AVE in Frankreich vorliegt.

Talgo-Zug bei der Ausfahrt aus Tarragona
Talgo-Zug bei der Ausfahrt aus Tarragona

Komplettiert wird das Angebot von einzelnen Zügen der Gattung „Intercity“, die mit schnöden „Media-Distancia“-Triebwagen der Reihe 449 gefahren werden sowie einer komfortablen „Trenhotel“-Nachtverbindung mit Talgo-Schlafwagen von Barcelona nach Granada. Auf dem Abschnitt Tarragona-Barcelona wird die Mittelmeerstrecke zudem noch von einem „Estrella“-Nachtzug befahren. Dabei handelt es sich um ein Zugpaar von Madrid nach Barcelona über Zaragoza und Reus, das als Frühverbindung dient und vor dem ersten AVE Madrid bzw. Barcelona erreicht.

RENFE Baureihe 449, im Hintergrund Rodalies-Triebwagen
links: RENFE Baureihe 449, rechts im Hintergrund: Rodalies-Triebwagen

Von den Fernzügen wurden von uns ein Talgo von Tarragona nach Valencia Nord in der Preferente-Klasse und ein Alvia von Valencia Joaquim Sorolla zurück nach Tarragona in der „Turista Plus“ genutzt. Die Inneneinrichtung der lokbespannten Talgo-Züge unterscheidet sich nicht sehr von der in den Talgo 250-Triebzügen. In der Preferente sitzt man auf Stoffsitzen in 2+1-Bestuhlung. Dadurch, dass die Wagen so kurz sind, können sie trotz der passiven Neigung recht breit sein, ohne in Kurven das Lichtraumprofil zu verletzen. Das kommt natürlich dem Komfort zugute. Über Bildschirme an der Decke werden Filme gezeigt, Ohrhörer werden kostenlos ausgeteilt, es funktioniert aber auch jeder standardmäßige Kopfhörer mit dem normalen 3,5 mm-Anschluss. Die „Turista Plus“ unterscheidet sich praktisch nicht von der Preferente, man sitzt nämlich in einem Preferente-Wagen. Angeblich soll der Service ein anderer sein, aber davon war bei unserer Verbindung nichts zu merken. Ich kann hier nur spekulieren, dass es vielleicht was mit dem fehlenden Essensangebot zu tun hat, das im AVE in der Preferente inklusive ist, jedenfalls war auf der Verbindung Valencia-Tarragona im Alvia die Preferente gar nicht buchbar.

Für den Fernverkehr in Tarragona ist natürlich noch der Bahnhof Camp de Tarragona relevant. Man könnte sagen, der Bahnhof ist so etwas wie das „Limburg Süd“ Kataloniens. Er liegt etwa 10 km von der Innenstadt Tarragonas entfernt, von Reus sind es etwa 20 km. Hier hat man die Wahl zwischen schnellen AVE-Zügen der Verbindung Barcelona-Madrid, dem Avant Barcelona-Lleida und dem Alvia, mit dem man von Barcelona über Lleida Ziele wie Pamplona oder Bilbao erreicht. Die Fahrt von Camp de Tarragona nach Barcelona Sants dauert nur 35 Minuten, der Zeitvorteil wird allerdings, wenn man aus der Innenstadt von Tarragona kommt, durch die Anreise zum Bahnhof wieder aufgefressen.

Wenn man nur von Tarragona nach Barcelona fahren will, bringt einem der Fernverkehr bei allem Komfort praktisch keine Vorteile gegenüber den schnellen Regionalexpress-Zügen, die mit gerade einmal 3 (manchmal 4) Zwischenhalten nur wenige Minuten langsamer als die Euromed sind und den unschlagbaren Vorteil haben, dass sie in Barcelona nicht am Bahnhof Sants enden, sondern über den unterirdischen Halt Passeig de Gràcia direkt in der Innenstadt bis zur Estació França durchgebunden sind. Zum Einsatz kommen dreiteilige Triebwagen der Baureihen 470 und 448.

RENFE Baureihe 448 in Tarragona
RENFE Baureihe 448 in Tarragona

Beide haben nur eine Wagenklasse in 2+2-Bestuhlung, mit recht bequemen, wenn auch leider etwas eng stehenden Sitzen. In den 448 mutete der Sitzabstand etwas besser an, dafür haben die 470 breitere und bequemere Einstiege.

RENFE Baureihe 470 in Tarragona
RENFE Baureihe 470 in Tarragona

Die 80 Minuten von Barcelona França nach Tarragona lassen sich jedenfalls gut aushalten. Leider fahren die Züge auch wieder nur annähernd im Taktverkehr, zwischen Barcelona und Tarragona so ungefähr jede halbe Stunde, wenn auch mit ein paar Lücken.

Innenraum der RENFE Baureihe 470
Innenraum der RENFE Baureihe 470

Westlich von Tarragona sieht es da schon nicht mehr ganz so gut aus. Die meisten Züge fahren weiter nach Reus, das man noch mindestens stündlich oder öfter erreicht, die anderen über das vielleicht als Urlaubsort bekannte Salou weiter in Richtung Tortosa. Der eingleisige Engpass zwingt hier zu Abstrichen. In Reus teilt sich die Strecke und man kann nach Zaragoza oder Lleida fahren. Hier wird die Bedienung dann aber wirklich dünn. Einige Züge enden schon in Reus, andere irgendwo zwischen Reus und Zaragoza und nur wenige fahren die ganze Strecke durch. Allerdings ist die Gegend dort auch weitaus dünner besiedelt und wer nach Lleida und Zaragoza will, ist sowieso bedeutend schneller mit dem AVE. Schade ist nur, dass man schon ab 21:30 Uhr nicht mehr von Reus nach Tarragona kommt (in die Gegenrichtung geht es länger), immerhin beides Städte mit über 100.000 Einwohnern, die nur 15 Bahnminuten auseinander liegen. Will man später fahren, muss man auf Busse ausweichen, die die ganze Nacht hindurch unterwegs sind.

RENFE Baureihe 448 in Reus
RENFE Baureihe 448 in Reus

Dass die Express-Züge zwischen Barcelona und Tarragona so schnell sind, liegt daran, dass zwischen Sants und St. Vicenç de Calders nicht gehalten wird. Die Bedienung der Zwischenhalte ist Aufgabe der S-Bahn-ähnlichen „Rodalies“, die im dichten Abstand unterwegs sind. Es kommen verschiedene Baureihen zum Einsatz, darunter sind doppelstöckige Triebwagen mit 3+2-Bestuhlung sowie neue CAF/Alstom „Civia“-Züge. Einzelne Rodalies-Triebwagen „verirren“ sich auch mal in Regionaldiensten bis Reus.

RENFE Baureihe 470 und Güterzug bei der Ausfahrt aus Tarragona
RENFE Baureihe 470 und Güterzug bei der Ausfahrt aus Tarragona

Ähnliche Vorort-Verbindungen gibt es auch auf dem Südabschnitt des Mittelmeerkorridors zwischen Castelló de la Plana und Valencia, aber erstens bin ich mit denen nicht gefahren und zweitens ist der Bericht sowieso schon viel zu lang. Trotzdem wird es noch einen dritten Teil geben, der dann allerdings nicht mehr über die Mittelmeerstrecke handelt, sondern von der „Abschiedstour“ mit dem Elipsos Trenhotel von Barcelona nach Paris.

Ich verabschiede mich mit einem Bild einer in Tarragona mit einem Hilfszug abgestellten sechsachsigen Diesellok der Baureihe 333. Diese Loks stammen aus den 1970er Jahren und wurden zwischen 2000 und 2005 grundlegend modernisiert.

RENFE Baureihe 333 mit Hilfszug in Tarragona
RENFE Baureihe 333 mit Hilfszug in Tarragona

Die Eisenbahn in und um Tarragona, Teil 1: Die Strecken

Natürlich musste während unseres Katalonien-Aufenthalts auch etwa Zeit gefunden werden, um mich meiner Bahn-Leidenschaft zu widmen. Grund genug, ein wenig über die Eisenbahn in und um Tarragona zu berichten.

Der Ausgangspunkt der Verbindung entlang der Mittelmeerküste von Barcelona nach València, an der auch Tarragona liegt, ist der Bahnhof Barcelona Sants. Dieser unterirdische Bahnhof ist so etwas wie der Hauptbahnhof, praktisch alle Fernverkehrszüge halten hier. Unpraktischerweise liegt der Bahnhof Sants nicht wirklich zentrumsnah. Von Sants aus gehen deshalb drei Tunnelstrecken durchs Zentrum.

Bei der neuesten handelt es sich um die normalspurige Schnellstrecke nach Frankreich. Eine Breitspurstrecke verläuft über den in zentraler Innenstadtnähe gelegenen Halt Passeig de Gràcia nach Nordosten mit einer Verbindungskurve zum ehemals wichtigsten Bahnhof der Stadt, der Estació de França. In unmittelbarer Nähe des Haltes Passeig de Gràcia befindet sich übrigens die von Antoni Gaudí entworfene Casa Batllo.

Casa Batllo
Casa Batllo in Barcelona im Januar 2013

Eine weitere Strecke nach Nordosten verläuft über die ebenfalls zentralen, innerstädtischen und unterirdischen Halte Catalunya und Arc de Triomf. An allen Halten außer Estació de França kann in die Metro umgestiegen werden.

Estaciò Barcelona França
Estació Barcelona França

Verlässt man den Bahnhof Sants in südwestlicher Richtung nach Tarragona, geht das entweder über die normalspurige Hochgeschwindigkeitsstrecke, die im Landesinneren verläuft, über die breitspurige Strecke am Mittelmeer entlang oder über eine weitere Breitspurstrecke, die in einem Bogen zunächst mehr oder weniger parallel zur Neubaustrecke verläuft, dann aber wieder zum Meer hin umschwenkt und in Sant Vicenç de Calders wieder auf die Mittelmeerstrecke trifft.

Vereinfachte Darstellung der Bahnstrecken in und um Tarragona
Vereinfachte Darstellung der Bahnstrecken in und um Tarragona

Die Strecke am Mittelmeer ist vermutlich der landschaftlich schönste Teil der ganzen Verbindung von Barcelona nach València. Stellenweise ist die Küste recht steil, die Bahn verläuft dann direkt am Wasser, abschnittsweise auch in zum Meer hin offenen Galerien. Kleine Landvorsprünge werden mit Tunnels durchschnitten. Wo die Küste weniger steil ist, verläuft die Bahn oft direkt hinter dem Strand.

Triebzug der RENFE-Baureihe 130 bei der Ausfahrt aus Tarragona
Triebzug der RENFE-Baureihe 130 bei der Ausfahrt aus Tarragona

In Tarragona gibt es zwei Bahnhöfe, zum einen den direkt am Mittelmeer und in Innenstadtnähe gelegene Bahnhof Tarragona.

Bahnhof Tarragona
Bahnhof Tarragona

Hier zweigt eine zweigleisige Strecke ins Landesinnere nach Reus ab, außerdem befinden sich etwas außerhalb der Stadt ausgedehnte Anlagen der chemischen Industrie, ein Hafen und ein angemessen großer Güterbahnhof.

Güterzug bei der Ausfahrt aus Tarragona Richtung Barcelona
Güterzug bei der Ausfahrt aus Tarragona in Richtung Barcelona

An der Hochgeschwindigkeitsstrecke, etwa 10 km von der Küste entfernt, liegt der AVE-Bahnhof Camp de Tarragona.

Bahnhof Camp de Tarragona
Bahnhof Camp de Tarragona im Januar 2013

Dieser ist ziemlich unspektakulär, aber immerhin gibt es eine Lounge für Fahrgäste der Preferente- und Club-Klasse und eben eine schnelle Anbindung nach Madrid. Bei einem früheren Besuch im Januar war nicht besonders viel los.

Lounge im Bahnhof Camp de Tarragona im Januar 2013
Lounge im Bahnhof Camp de Tarragona im Januar 2013

Die Mittelmeerstrecke von Barcelona nach Valencia ist als Verbindung der zweit- und drittgrößten Stadt Spaniens recht wichtig für den Fern- und Güterverkehr. Bis auf ein kurzes Stück südwestlich von Tarragona ist die Strecke durchgehend zweigleisig. Trotz der Bedeutung ist bisher noch keine vollständig normalspurige Linie in Sicht, da zum Ärgernis der Katalanen sternförmig auf Madrid ausgerichtete Linien bevorzugt behandelt werden. Man kann trefflich darüber spekulieren, ob das wirklich den Verkehrsbedürfnissen oder doch eher den politischen Interessen der Zentralregierung entspricht. Immerhin ist die Linie zum Teil für Geschwindigkeiten bis 220 km/h ausgebaut und bei Tortosa wurde schon vor einiger Zeit die alte Ebro-Querung durch eine neue mit direkterer Linienführung ersetzt. Tortosa selbst wurde dadurch allerdings zum Kopfbahnhof und ist von der durchgehenden Hauptstrecke nur noch über eine Stichstrecke angebunden. Nördlich von València gibt es immerhin Planungen für eine parallel zur Bestandsstrecke verlaufende Normalspurlinie. Nur dort, wo der Leidensdruck durch den eingleisigen Engpass bei Tarragona am größten ist, ist eine Umgehung bereits im Bau.

Der zentrale Bahnhof in València ist der äußerst schmucke Kopfbahnhof Estaciò del Nord.

València Estaciò del Nord
València Estació del Nord (Panorama)

Trotz des Namens handelt es sich nicht wirklich um einen „Nordbahnhof“. Hier halten zwar durchaus die Züge von und nach Norden, aber die aus allen anderen Richtungen auch. Er liegt auch nicht im Norden, sondern sehr zentral, aber gerade südlich der Altstadt. Direkt neben dem Bahnhof befindet sich die Stierkampfarena, in der zur Zeit unseres Besuchs allerdings das Oktoberfest stattfindet.

Plaza de Toros in València
Plaza de Toros in València

Für den Hochgeschwindigkeitsverkehr wurde ein Stückchen daneben der Kopfbahnhof Joaquim Sorolla, im absoluten Kontrast ein schlichter, weil eigentlich nur als Provisorium gedachter Zweckbau, mit einem normal- und einem breitspurigen Teil eröffnet. Hier halten ausschließlich Fernverkehrszüge. Der normalspurige Teil ist der Endpunkt der AVE-Strecke aus Madrid. Über einen „Cambiador“, also eine Spurwechselanlage System Talgo, kann man vor dem Bahnhof von der Normalspurstrecke in den breitspurigen Teil fahren. Die breitspurige Ausfahrt läuft direkt mit der Strecke aus dem Nordbahnhof zusammen. Zwischen Nord und Joaquim Sorolla gibt es aber keine Schienenverbindung, ein Zug hält also entweder in dem einen oder dem anderen Bahnhof. Kommt man in Joaquim Sorolla an und möchte zur Estaciò del Nord, um zum Beispiel mit den Vorortzügen (Cercanías bzw. Rodalies) weiterzufahren oder in die Stadt zu kommen, kann man entweder einen Shuttlebus benutzen oder die 800m Weg eben laufen.

Schalterhalle im Bahnhof Valencia Nord
Schalterhalle im Bahnhof Valencia Nord

Langfristig ist geplant, die beiden Bahnhöfe durch einen neuen, tiefergelegten Hauptbahnhof „Parc Central“ zu ersetzen mit der Option, diesen über eine Tunnelstrecke durch das Stadtzentrum auch direkt nach Norden anzubinden. Da sowohl die valencianische Gemeinschaft im besonderen als auch der spanische Staat allgemein bekanntermaßen derzeit etwas knapp bei Kasse sind, wird der Bahnhof Joaquim Sorolla aber vermutlich noch eine ganze Weile Bestand haben.

Bahnhof Valencia Nord bei Nacht
Bahnhof Valencia Nord bei Nacht

Bis dahin lohnt es sich, noch ein wenig im Inneren der Estaciò del Nord zu verweilen und den kunstvoll gestalteten Wartesaal zu betrachten.

Alter Wartesaal im Bahnhof Valencia Nord
Alter Wartesaal im Bahnhof Valencia Nord

Im zweiten Teil wird es um den Zugbetrieb und den Fahrzeugeinsatz bei den durch Tarragona fahrenden Zügen gehen.

Tarraco

Zur Römerzeit war Tarraco, das heutige Tarragona, mit damals 40.000 Einwohnern eine der bedeutendsten Städte der iberischen Halbinsel und Provinzhauptstadt.

Zwischen der Eroberung der iberischen Halbinsel durch die Mauren und der Reconquesta war Tarragona dagegen nur sehr dünn bis gar nicht besiedelt. Als Tarragona im Mittelalter wieder aufgebaut wurde, wurden Teile der römischen Bebauung wie zum Beispiel die Stadtbefestigung in die neue mittelalterliche Bebauung integriert, so dass die römischen Spuren noch vielfach deutlich sichtbar sind.

Direkt am römischen Circus schloss sowohl die römische als auch später die mittelalterliche Stadtmauer an. Die eigentliche Rennbahn des Circus selbst wurde im Mittelalter praktisch völlig überbaut, aber die an der Stadtmauer gelegene Kurve ist mit samt den unter der Tribüne liegenden Gewölben erhalten.

Circus
Circus

In unmittelbarer Nähe des Circus, direkt am Meer, befindet sich das Amphittheater, eines der größten außerhalb Roms.

Amphitheater
Amphitheater (im September 2013)
Amphitheater im Januar 2013
Amphitheater (im Januar 2013)

Auch von römischen Statuen und Inneneinrichtungen ist sehr viel erhalten, wovon man sich im archäologischen Museum überzeugen kann. Eines der beeindruckendsten Exponate ist meiner Ansicht nach dieses Mosaik, das die Fischwelt dokumentiert.

Fische
Fische und Meeresgetier

Einige Statuen sind ebenfalls gut erhalten.

Anke im archäologischen Museum

Um die Einwohner Tarracos adequat mit Trinkwasser versorgen zu können, gab es ein Aquädukt.

Aquädukt

Aquädukt, auch Pont del Diable genannt
Aquädukt, auch Pont del Diable genannt

Das Aquädukt wird auch „Teufelsbrücke“ genannt, weil es einer Legende zufolge vom Teufel selbst errichtet wurde.

Mit einem Bild des archäologischen Parks an der Stadtmauer, an dem man gut sehen kann, wie die mittelalterliche auf die römische Mauer aufgesetzt und angebaut wurde, sage ich für heute „Adéu“ und verabschiede mich in Richtung des noch bis Dienstag laufenden Santa Tecla-Festes in die Oberstadt zum Plaça de la Font, der auf einem Teil des römischen Circus liegt.

Stadtmauer von Tarragona
Stadtmauer von Tarragona

Festes de Santa Tecla

Am Samstag begann in Tarragona das diesjährige, elf Tage dauernde Santa-Tecla-Fest. Den Auftakt bildete die erste Tronada, ein Feuerwerk auf der Plaça de la Font in Tarragona mit derart lauten, in der ganzen Stadt zu hörenden Böllerschlägen, dass man eigentlich schon von Bombeneinschlägen sprechen muss.

Am selben Abend fand das Mostra de Folklore Viu statt, was man wohl nicht viel besser als mit „Zeigen der lebenden Folklore“ übersetzen kann. Gezeigt wurde eine Parade von Teufelsfiguren, die mit Böllern dekoriert wurden und zu traditioneller Musik einen Tanz aufführten.

Mostra de Folklore Viu, Tarragona
Mostra de Folklore Viu auf der Rambla Nova in Tarragona

Am ersten Sonntag des Festes trafen sich auf der Plaça de la Font die Castellers und bauten die Castells, die in Katalonien traditionellen Menschentürme, die im Jahr 2010 als Weltkulturerbe von der UNESCO anerkannt wurden.

Castells auf dem Plaça de la Font in Tarragona
Castells auf dem Plaça de la Font in Tarragona