Mit der Bahn zur Südspitze Europas

Wer die letzten paar Blogeinträge verfolgt hat, hat ja schon gesehen, dass wir in den letzten vier Wochen bis in den äußersten Süden Europas vorgedrungen sind. Natürlich wieder (weitgehend) mit der Bahn.

Unsere Reiseroute
Unsere Reiseroute

Auf der Karte sind schon einmal symbolisch die verwendeten Züge abgebildet.

Unser Fahrplan sah wie folgt aus (genannt sind nur die Züge, keine Busse, Taxis oder Fußwege):

06.09. Frankfurt (Main) Hbf.    ab 12:58 Uhr   TGV 9552
       Paris Est                an 16:50 Uhr

07.09. Paris Montparnasse       ab 11:52 Uhr   TGV 8508
       Toulouse Matabiau        an 16:00 Uhr
                                ab 16:48 Uhr   TER 71479
       Andorre - L'Hospitalet   an 19:20 Uhr

10.09. Lleida Pirineus          ab 15:40 Uhr     R 15042
       Tarragona                an 17:29 Uhr

25.09. Camp de Tarragona        ab 09:05 Uhr   AVE 39990
       Antequera Santa Ana      an 14:02 Uhr
                                ab 14:40 Uhr    MD 13064
       Ronda                    an 15:45 Uhr

27.09. Ronda                    ab 12:21 Uhr   ATR 9366
       San Roque - La Línea     an 13:34 Uhr

29.09. Algeciras                ab 11:45 Uhr    MD 13065
       Antequera Santa Ana      an 14:35 Uhr
                                ab 15:00 Uhr   AVE 3991
       Barcelona Sants          an 20:22 Uhr

02.10. Barcelona Sants          ab 09:25 Uhr   TGV 9702
       Montpellier Saint Roch   an 12:20 Uhr
                                ab 14:11 Uhr   TGV 6882
       Lyon Part Dieu           an 16:04 Uhr

03.10. Lyon Part Dieu           ab 10:01 Uhr   TGV 9582
       Frankfurt (Main) Hbf.    an 15:58 Uhr

Von Frankfurt nach Andorra

Nach Andorra mit der Bahn zu reisen ist gar nicht so einfach, um nicht zu sagen unmöglich, denn es gibt in Andorra keine Eisenbahn. Der nächstgelegene Bahnhof ist Andorre – L’Hospitalet in Frankreich. Die Station hieß früher L’Hospitalet-près-l’Andorre, so wie die Gemeinde, in der sie liegt, und wurde 2008 umbenannt. In der DB-Reiseauskunft steht noch der alte Name. Der Bahnhof wird von TER-Zügen aus Toulouse bedient sowie von einem Nachtzug der SNCF von Paris Austerlitz. Über letzteren gab es schon Einstellungsdiskussionen, aber derzeit verkehrt er wohl. Vom Bahnhof fährt zwei Mal am Tag ein Bus über die Grenze.

Lok 407305 mit Nachtzug von Latour-de-Carol nach Paris Austerlitz
Lok 407305 mit Nachtzug von Latour-de-Carol nach Paris Austerlitz

Doch zunächst einmal galt es, bis dort hin zu kommen. Man kann die Etappe, wenn man nur früh genug losfährt, als Tagestour schaffen. Wir fanden es aber entspannter, am Vorabend nach Paris zu fahren und in unserem Lieblins-Käsefondue-Restaurant einzukehren. Im (!) Bahnhofsgebäude von Paris Est fanden wir sogar noch ein halbwegs günstiges Hotel mit für Pariser Verhältnisse ausgesprochen großen Zimmern. Weiter ging es am nächsten Tag vom Bahnhof Montparnasse über die neue Schnellfahrstrecke nach Bordeaux und weiter nach Toulouse. Seit Eröffnung der neuen Strecke fahren hier TGV Duplex im inOui-Design mit dem Hinweis auf die neue, kürzere Fahrzeit zwischen Paris und Bordeaux.

Bistro-Wagen im inOui-Design
Bistro-Wagen im inOui-Design in Bahnhof Paris Montparnasse
Triebkopf im inOui-Design
Triebkopf im inOui-Design in Toulouse

Die Strecke von Toulouse nach Andorre – L’Hospitalet ist landschaftlich ausgesprochen sehenswert, besonders ab Foix, wenn die Pyrenäen erklommen werden. Kurz vor dem Ziel fährt man noch, wie es sich für eine richtige Gebirgsbahn gehört, durch einen Kehrtunnel. Endpunkt der Strecke ist übrigens La Tour de Carol – Einveitg an der Grenze zu Katalonien.

Mit dem Bus fuhren wir nicht bis in die Hauptstadt Andorra la Vella durch, sondern zunächst nur bis el Tarter. Von dort ging es am nächsten Morgen erst zu Fuß bis zur nächsten Zwischenstation und dann noch mal mit dem Bus weiter.

Von Andorra nach Tarragona

Von Andorra nach Tarragona stand natürlich auch erst mal eine Busfahrt an. Es gibt zwar direkte Fernbusse von Andorra la Vella an die Costa Daurada, aber wir entschieden uns für einen leichten Umweg über Lleida, da der direkte Bus für unseren Geschmack zu früh war. Um von Lleida nach Tarragona zu kommen gibt es einmal die Möglichkeit über die Schnellfahrstrecke mit dem AVE oder Avant zu fahren. Als Avant bezeichnet die spanische Bahn RENFE Mittelstreckenzüge mit nur einer Klasse, die auf den normalspurigen Schnellstrecken unterwegs sind. Das Rollmaterial für die Avant sind vierteilige Triebzüge der Baureihen 104 oder 114, die von den Pendolinos abgeleitet sind.

Da man allerdings mit den Avant nicht in Tarragona, sondern im Bahnhof Camp de Tarragona ankommt, der ziemlich weit außerhalb liegt, nahmen wir einen Regionalzug. Dort fahren Triebzüge der Baureihe 448. Die Strecke ist auf den meisten Abschnitten landschaftlich recht reizvoll. Auf dem letzten Stück ab Reus dominiert dann allerdings die chemische Industrie. Hier sehen wir einen 448, der von Barcelona, also aus der Gegenrichtung kommend, gleich Tarragona erreicht.

Zug der Baureihe 448 kurz vor Tarragona
Zug der Baureihe 448 kurz vor Tarragona

Im Bahnhof Tarragona wird derzeit gebaut. Ein Gleis wurde herausgerissen und dafür der viel zu schmale Bahnsteig verbreitert. Während unseres Aufenthaltes waren die Baurarbeiten noch im Gange. Ein schon lange geplanter Neubauabschnitt von Camp de Tarragona in Richtung Valencia mit Spurwechseleinrichtung ist nach wie vor nur fast fertig. Ein geplanter neuer Bahnhof zwischen Reus und Tarragona wurde auf Eis gelegt.

Über den Aufenthalt in Tarragona haben wir ausführlich berichtet, z.B. über die Diada oder die Castells an Santa Tecla.

Die weitere Strecke von Tarragona nach Barcelona führt teils direkt am Mittelmeer entlang. Im Stadtgebiet Tarragona auf der anderen Seite das römische Amphitheater zu sehen. Auf den elektrifizierten Strecken werden die Talgo-Wagenzüge von der Baureihe 252 gezogen, die sowohl in einer Breit- als auch in einer Normalspurvariante vorhanden ist und die mit dem Ur-Eurosprinter, der deutschen 127, verwandt ist.

Talgo-Zug in Tarragona
Talgo-Zug in Tarragona

Übrigens hat auch das zensierte Motiv, das für das Referendum warb, Bahnbezug. Es ist an der Strecke von Lleida nach La Pobla de Segur aufgenommen.

Von Tarragona nach Ronda

Die RENFE bietet durchgehende AVE-Hochgeschwindigkeitszüge von Barcelona nach Andalusien an, die nicht in Madrid halten. Die Züge werden in Cordoba geteilt und fahren nach Sevilla und Malaga weiter. Es werden die Talgo 350 oder Ente (Pato) genannten Triebzüge der Baureihe 112 eingesetzt. In der Preferente-Klasse wurde tageszeitgemäß Frühstück, natürlich auf Wunsch mit Cava, serviert. Wir nahmen am Camp de Tarragona den Zugteil nach Malaga und mussten in Antequera Santa Ana umsteigen.

RENFE Baureihe 112
RENFE Baureihe 112 in Camp de Tarragona

Der Bahnhof Antequera Santa Ana ist mitten im Nichts und dient eigentlich nur als Umsteigebahnhof. Die wichtigste Umsteigeverbindung war bisher die nach Granada. Allerdings wird dort momentan gebaut und eine normalspurige AVE-Anbindung entsteht. Deshalb wird derzeit nach Granada SEV gefahren. Unser Anschluss nach Ronda stand schon bereit.

RENFE Baureihe 599 in Antequera Santa Ana
RENFE Baureihe 599 in Antequera Santa Ana

Die Baureihe 599 sind dreiteilige Mittelstrecken-Dieseltriebwagen mit nur einer Klasse.

Fahrgastraum der RENFE Baureihe 599
Fahrgastraum der RENFE Baureihe 599

Der Zug ist aus Fahrgastsicht durchaus auch mittel komfortabel mit verstellbaren Sitzen und Steckdosen.

Der Fahrplan auf der eingleisigen, nicht elektrifizierten Strecke von Antequera Santa Ana über Ronda bis in Europas südlichste Großstadt Algeciras (Tarifa liegt noch ein wenig südlicher, hat aber nur 18.000 Einwohner) ist recht überschaubar. Es fahren drei Media-Distancia-(MD)-Zugpaare, die normalerweise nach Granada durchgebunden sind und zwei Altaria-Züge, die lokbespannt mit umspurbaren Talgo-Wagen von bzw. nach Madrid fahren. Diese Züge werden in Antequera Santa Ana umgespurt und die Lok wird gewechselt. Außerdem gibt es noch ein MD-Zugpaar von Malaga nur bis Ronda.

Von Ronda nach Gibraltar

In Ronda (siehe unser Bericht über die wunderschöne Stadt) hatten wir ein nettes, kleines Hotel mit Gleisblick.

Gleisblick in Ronda
Gleisblick in Ronda

An einem Tag mit Wetter, wie man es sich für Andalusien nicht gerade vorstellt, bestiegen wir den auf der nicht elektrifizierten Strecke von einer Lok der Baureihe 334 aus dem Hause Vossloh Valencia gezogenen Altaria in Richtung Algeciras. Die 200 km/h Höchstgeschwindigkeit der Lok und der Wagen werden aber südlich von Antequera nicht mal ansatzweise gebraucht. Daneben steht noch der vorher aus Malaga angekommene MD.

Altaria nach Algeciras im Bahnhof Ronda
Altaria nach Algeciras im Bahnhof Ronda

Die weitere Strecke von Ronda nach Algeciras verläuft, nach einem Abstieg über Kehrschleifen direkt hinter Ronda, landschaftlich schön in einem Flusstal.

Wie in unserem Bericht über Gibraltar geschrieben, fuhren wir aber nicht bis zur Endstation, sondern nur bis San Roque-La Línea.

In San Roque - La Línea
In San Roque – La Línea

Algeciras

Eigentich hatten wir unsere Übernachtung für Gibraltar geplant, aber aus Gründen entschieden wir uns spontan dann doch um und für Algeciras. Dort sind die Hotels günstig. Algeciras selbst ist normalerweise mehr als Hafenstadt, auch für die Fähren nach Marokko und Ceuta, denn als touristisches Ziel bekannt, hat aber durchaus schöne Ecken. Dazu zählt zum Beispiel der zentrale Plaza Alta mit seinem Brunnen in der Mitte…

Plaza Alta in Algeciras
Plaza Alta in Algeciras

… und den gekachelten Bänken, die die Geschichte von Don Quixote erzählen, natürlich nur echt mit dem sprichwörtlichen Kampf gegen die Windmühlen.

Don Quixote
Don Quixote

In wenigen (keinen?) Reiseführern liest man über die schönen Sträßchen oberhalb des Plaza Alta.

In Algeciras
In Algeciras

Bahnseitig ist Algeciras deswegen interessant, weil an der Einfahrt in den Hafen die südlichsten Gleise Europas liegen.

Südlichste Bahnstrecke Europas
Südlichste Bahnstrecke Europas

Links geht es in den Hafen, auf der anderen Seite der ausgedehnten Container-Anlagen ragt der Felsen von Gibraltar empor.

Hafen Algeciras, im Hintergrund Gibraltar
Hafen Algeciras, im Hintergrund Gibraltar

Der südlichste mit Personenzügen erreichbare Punkt in Europas Schienennetz ist der Bahnhof Algeciras. Das schöne Bahnhofsgebäude im alten Stil…

Alter Bahnhof Algeciras
Alter Bahnhof Algeciras
Alter Bahnhof Algeciras
Alter Bahnhof Algeciras

… wurde durch einen Neubau abgelöst.

Neuer Bahnhof Algeciras
Neuer Bahnhof Algeciras

Im Bahnhof stand eine Lok der Baureihe 333 der Güterzug-Sparte der RENFE abgestellt. Die Loks dieser Baureihe wurden zwischen 1974 und 1976 gebaut und in den 2000er-Jahren vollständig modernisiert, wobei sie auch ihr jetziges Aussehen erhalten haben.

333 der RENFE in Algeciras
333 der RENFE in Algeciras

Wirklich viel Güterverkehr war nicht zu beobachten. Schließlich ist die Zulaufstrecke auch nicht elektrifiziert und eingleisig.

Es ist im Bahnhof eine Rampe für Autozüge vorhanden, auch wenn die wahrscheinlich schon lange nicht mehr benutzt wurde.

Rampe für Autozüge in Algeciras
Rampe für Autozüge in Algeciras
Baureihe 599 der RENFE in Algeciras
Baureihe 599 der RENFE in Algeciras

Mit einem 599 verließen wir Algeciras und fuhren mit Umstieg in Antequera Santa Ana nach Barcelona (siehe Bericht).

Der weitere Rückweg nach Deutschland verlief dann eher unspektakulär. Wir fuhren von Barcelona mit TGV und Umstieg in Montpellier zu einem letzten Übernachtungsstop nach Lyon und am nächsten Tag von dort zurück nach Frankfurt. Die Sperrung der Rheintalbahn wegen der missglückten Tunnelarbeiten bei Rastatt war praktischerweise tags zuvor aufgehoben worden, so dass wir bequem die Heimat erreichten, wo uns jetzt der Herbst im Griff hat. Aber die vier ereignisreichen Wochen mit Sommerverlängerung waren toll!

Signal in Algeciras
Signal in Algeciras