Im zweiten Teil ging es von Puigcerdà nach La Tour de Carol-Enveitg.
Der gelbe Zug (katalanisch tren groc, französisch train jaune) fährt von La Tour de Carol nach Villefranche (katalanisch Vilafranca), wo Anschluss nach Perpignan (oder katalanisch Perpinyà) besteht. Die katalanischen Namen kommen daher, dass das heutige französische Dèpartement Pyrénées-Orientales bis zum Pyrenäenfrieden 1659 am Ende des Französisch-Spanischen Krieges zu Spanien gehörte und historisch gesehen Nordkatalonien ist.
Die Ligne de Cerdagne genannte Strecke führt in Meterspur durch die Pyrenäen. Die Schmalspur erleichterte bzw. verbilligte gegenüber Normalspur den Bau der Bahn in schwierigem Gelände. Wegen der vorhandenen Wasserkraft wurde die Bahn von Anfang an elektrisch betrieben. Die Konstruktion mit einer seitlichen Stromschiene, wie man sie sonst nur von U-Bahnen kennt, ist ebenfalls eine einfachere Bauweise als mit einer Oberleitung und ermöglicht den Bau von Tunnels mit einem kleineren Querschnitt.
Obwohl die Streckenführung der eingleisigen Strecke am Anfang hinter La Tour de Carol noch recht harmlos aussieht, geht es bei genauerem Hinsehen trotzdem schon fast zu wie bei einer Achterbahn. Um möglichst viele Orte anzubinden, wurde nicht unbedingt der direkte Weg™ gewählt und die Strecke weist extrem viele Kurven und Steigungen auf. Die maximale Steigung beträgt (laut Wikipedia) 60‰ und es wird rein im Adhäsionsbetrieb, also ohne Zahnstange, gefahren. Die historischen vierachsigen Triebwagen der SNCF-Serie Z 100, die zwischen 1908 und 1912 gebaut wurden, sind daher allachsgetrieben. Es werden auch nicht angetriebene Beiwagen verwendet, darunter auch sehr beliebte offene Aussichtswagen, allerdings wird im Zugverband immer nur ein nicht angetriebener Beiwagen pro Motorwagen eingereiht. Unser Zug bestand aus drei Motorwagen, einem geschlossenen Beiwagen und zwei offenen Aussichtswagen. Inzwischen fahren auch zwei Neubautriebwagen, die eine Variante der bekannten Stadler GTW sind. Das folgende, eher dokumentarisch zu verstehende Bild, zeigt die Stadler-Triebwagen bei einer Kreuzung mit unserem Zug. Zwar haben die Fahrzeuge auch schön große Fenster, aber die Fahrt im offenen Wagen ist doch noch mal was anderes.
Von La Tour de Carol kommend gewinnt die Strecke dann deutlich an Höhe. Immerhin ist es die höchstgelegene Strecke Frankreichs. Ein Blick auf Puigcerdà, leicht zu erkannten an dem schon bekannten markanten Glockenturm, zeigt, dass wir nach rund einer Dreiviertelstunde Fahrtzeit uns zwar immer noch in Sichtweite befinden, aber schon eine ganze Ecke höher sind.
Bald wird die Streckenführung dann etwas gewagter und wir überqueren auf dem ersten Viadukt ein tiefes Tal.
Kurz darauf ist der Bahnhof Font-Romeu erreicht, wo ein etwas längerer Zwischenhalt die Gelegenheit gibt, sich den Zug von außen etwas näher zu betrachten.
Man sollte dabei jedoch keinesfalls auf die Stromschiene treten.
Und so sehen die Stromabnehmer an den Motorwagen aus.
Die Ausfahrten aus den Bahnhöfen sind mit einem Schild versehen, das darauf hinweist, dass dem Lokführer das Abfahren nur nach Genehmigung durch den „Chef de Ligne“ erlaubt ist.
Hier noch einmal unser aus sechs Wagen bestehender gelber Zug in gesamter Länge am Bahnsteig von Font-Romeu.
Font-Romeu ist Endpunkt einiger Fahrt aus Villefranche. Der Abschnitt zwischen hier und Villefranche ist etwas bergiger und die Bauwerke werden spektakulärer. Das berühmteste Bauwerk der Strecke ist wohl die Schrägseilbrücke Pont de Cassagne oder Pont Gisclard, hier leider nur aus dem fahrenden Zug heraus inklusive Arm und Armbanduhr meines Vordermanns.
Der Blick nach oben lohnt sich.
Ein paar Kilometer weiter folgt das Viadukt Pont Séjourné. Leider war es mir aus dem fahrenden Zug heraus nicht möglich, die Brücke zu fotografieren. Das ist eben der Preis, den man zahlt, wenn man in den Zügen lieber mit fährt als sie nur von außen zu betrachten. Aber wenigstens kann man auf dem folgenden Bild noch den Schatten des Viadukts erahnen. 🙂
Die Fahrt geht weiter am Rand des Abgrunds durch Felseinschnitte.
Das folgende Gegenlichtbild verdeuticht durch den Größenvergleich mit der Straße die Beschaffenheit des Tals.
Nach einem letzten Zwischenhalt legte der Lokführer noch mal ordentlich Tempo vor, so dass wir fast pünktlich in Villefranche ankamen. Von dort nach Perpignan verkehren dann im Vergleich zum gelben Zug doch sehr unspektakuläre, normalspurige zweiteilige Elektrotriebwagen der Serie Z 7300 der SNCF.
Tatsächlich nutzten auch sehr viele Fahrgäste unseres gelben Zuges die Möglichkeit zur Weiterfahrt nach Perpignan.
Für uns markierte Perpignan dann das bevorstehende Ende des Urlaubs. Mit dem Nachtzug Cerbère-Strasbourg traten wir die Rückfahrt an. Übrigens ist im Vergleich zu Deutschland der Fahrplan in der Region Languedoc-Roussillon doch eher dünn. Der Nachtzug mit Abfahrt um 21:14 Uhr ist tatsächlich schon die letzte Verbindung des Abends.
Ich verabschiede mich mit einem Bild des Bahnhofsgebäudes von Perpignan, dem Bahnhof, der von Salvador Dalí als das Zentrum des Universums betrachtet wurde, und hoffe, dass dem Leser mein Geschreibsel gefallen hat. 🙂