Kryptographie, Teil 2: Griechisch-Römisch

Was bedeutet eigentlich Kryptographie? Das Wort kommt aus dem griechischen und bedeutet „geheim schreiben“. Geheimschriften im Schein der Lampe sind also angesagt. Schon die alten Griechen haben sich damit beschäftigt, wie man Nachrichten so verschlüsseln kann, dass ein Feind, dem diese Nachricht in die Hände fällt, nichts damit anfangen kann. Bei den alten Griechen soll auch dieser Artikel anfangen, denn tatsächlich sind einige Grundbegriffe und Prinzipien immer noch die selben, auch wenn sich selbstverständlich die Methoden bedeutend verändert haben.

Doch nun zu dem, was die alten Griechen seinerzeit getan haben, um geheim zu schreiben. Diese benutzten das älteste bekannte Verschlüsselungsinstrument: Die sogenannte „Skytale„. Eine Skytale ist letztlich nichts anderes als ein Stab, allerdings mit einem genau definierten Durchmesser. Auf diesen Stab wurde nun spiralförmig ein Pergamentstreifen aufgezogen. Auf den Streifen auf der Rolle wurde nun von links nach rechts der zu verschlüsselnde Text geschrieben, so dass auf jeder Streifenbahn jeweils ein Buchstabe des zu verschlüsselnden Textes stand. Die Abbildung illustriert eine solche Skytale, auf deren Pergament „Dieser Text …“ geschrieben wurde.

Skytale
Eine Skytale

Nimmt man nun den Streifen wieder von der Skytale ab, kann man den Text nicht mehr lesen, sondern sieht nur eine auf den ersten Blick unsinnige Buchstabenfolge, die von oben nach unten verläuft. Nur wenn der Streifen wieder auf eine Skytale mit genau dem selben Durchmesser aufgezogen wird, kann man die Nachricht wieder von links nach rechts ablesen. Schon kleinere Abweichungen führen dazu, dass zusammengehörige Buchstaben auf der Rolle nicht mehr nebeneinander stehen. Ein Versuch unter Verwendung neuzeitlicher Klopapierrollen als Skytale verdeutlicht das Prinzip: Rollen verschiedener Marken haben einen unterschiedlichen Durchmesser, mit Hakle kann man keinen Charmin-Code entschlüsseln und mit Zewa schon gar nicht. Der Durchmesser ist der Schlüssel!

Eine moderne Skytale
Eine Klopapierrolle neuzeitliche Skytale

Und damit haben wir auch schon gleich einen der Grundbegriffe genannt, nämlich eben diesen Schlüssel. Nur mit Kenntnis des Schlüssels können wir verschlüsseln und nur mit Kenntnis des Schlüssels können wir einen verschlüsselten Text, den Geheimtext also, entschlüsseln und wieder zurück in Klartext umwandeln.

Kryptosystem
Ein allgemeines Kryptosystem mit Klartext, Schlüssel und Geheimtext

Was genau hat man also jetzt mit der Verschlüsselung gewonnen? Die Skytale versetzte die alten Griechen in die Lage, Nachrichten über unsichere Kanäle auszutauschen. Fällt die übermittelte Nachricht dem Feind in die Hände, so kann dieser nichts damit anfangen, da er den Schlüssel nicht kennt. Anders als der Name vielleicht nahelegt braucht der Geheimtext, auch Kryptogramm genannt, nämlich gerade nicht geheim gehalten zu werden! Ebenso wenig geheim sollte das verwendete Verschlüsselungsverfahren sein. Man sollte als jemand, der Nachrichten verschlüsselt verschicken will, stets davon ausgehen, dass einem Angreifer das verwendete Verfahren bekannt ist oder dass es zumindest irgendwann bekannt wird. Fanden die Feinde der alten Griechen bei einem abgefangenen Reiter einen Pergamentstreifen, so konnten sie wohl wissen, dass es sich um einen mit einer Skytale verschlüsselten Geheimtext handelte. Ohne Kenntnis des Schlüssels nutzte ihnen das dennoch nichts. Dieser Grundsatz hat sich bis heute gehalten: Es gibt keine „security through obscurity“! Ein vernünftiges Kryptosystem darf seine Sicherheit nicht darauf aufbauen, dass das genaue Verfahren unbekannt ist.

Doch gehen wir erst mal wieder zurück in die Antike und schauen uns an, was wir da eigentlich gerade mit unserem Klartext gemacht haben und was es noch so gibt. So geheim haben wir doch eigentlich gar nicht geschrieben: Die Buchstaben im Geheimtext sind immer noch die selben, sie sind nur durch das Abrollen von der Skytale auf eine andere Position gerutscht. Man spricht also bei solchen Verfahren wie der Skytale von einer Transpositionschiffre: Die Buchstaben bleiben was sie sind, sie bleiben nur nicht, wo sie sind. Viel einfacher als mit einer Skytale kann man übrigens eine Transpositionschiffre auch aufbauen, indem man einen Klartext auf einem Blatt Papier einfach mal von oben nach unten aufschreibt und dann von links nach rechts überträgt. Genau das haben wir hier gemacht. Der Schlüssel ist dabei die Anzahl der Zeilen. Alles klar?

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Aber nicht nur die Griechen, auch die Römer haben natürlich fleißig verschlüsselt. Und einem der bekanntesten Römer wird eins der bekanntesten und simpelsten Verschlüsselungsverfahren zugeschrieben.

Gaius Iulius Caesar
Büste von Gaius Iulius Caesar, Altes Museum Berlin

Beim Caesar-Code handelt es sich um eine Substitutionschiffre: Jeder Buchstabe wird durch einen anderen ersetzt! Beim original Caesar-Code wird einfach das Alphabet um drei Buchstaben verschoben: Aus A wird C, aus B wird D, aus C wird E und so weiter. Der schöne Satz von oben mit den Stricknadeln würde dann mit dieser Ersetzungstabelle verschlüsselt werden:

A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z A B

Das Ergebnis lautet dann:

Cnu ukg fkg Uvtcuug wgdgtswgtvgp, mncrrgtgp
fkg Tcgfgt kjtgu Hcjttcfgt ykg Uvtkempcfgnp.

Natürlich ist man nicht gezwungen, diese Ersetzung genau so vorzunehmen, ist es ist auch möglich, die Buchstaben irgendwie anders zu tauschen oder gleich ganz andere Zeichen zu verwenden. Dann haben wir eine ganz klassische Geheimschrift. Der Schlüssel dieses Kryptosystems ist die jeweilige Ersetzungsvorschrift.

Geheimschrift
Eine Geheimschrift

Wirklich sicher ist das ganze aber nicht. Wenn man weiß, dass der meist verwendete Buchstabe das „E“ ist, kommt man schon recht schnell darauf, welchem Zeichen das wohl entsprechen muss. Überhaupt folgt jede Sprache einer ganz charakteristischen Buchstabenverteilung. Auch Buchstabenpaare wie „en“ am Wortende oder dergleichen kommen häufig vor und können zur Entschlüsselung ausgenutzt werden.

Bevor wir uns in der nächsten Folge etwas moderneren Verfahren zuwenden, seien hier noch einmal die wichtigsten Grundsätze zusammengefasst, die sich seit der Antike nicht geändert haben:

  • Ein Kryptosystem besteht aus dem Klartext, dem Geheimtext, dem Schlüssel und dem Verschlüsselungsverfahren.
  • Nur der Klartext und der Schlüssel sind geheim, das verwendete Verfahren nicht (keine „security through obscurity“).

Wer sich bis zur nächsten Folge weiterbilden will, dem sei das Buch „Kryptologie: eine Einführung in die Wissenschaft vom Verschlüsseln, Verbergen und Verheimlichen; ohne alle Geheimniskrämerei, aber nicht ohne hinterlistigen Schalk, dargestellt zum Nutzen und Ergötzen des allgemeinen Publikums“ von Albrecht Beutelspacher ans Herz gelegt.