In Schottland findet heute die Volksabstimmung über die Unabhängigkeit statt. In einem Tagesschau-Kommentar fordert Alois Theisen vom Hessischen Rundfunk „Respekt vor dem Selbstbestimmungsrecht, wenn es friedlich und frei ausgeübt wird.“
Wenn in Schottland ganz geordnet und mit Zustimmung der Regierung ein Referendum durchgeführt wird, wieso sollte man das den Katalanen verwehren? Die spanische Regierung versucht mit allen Mitteln, eine Abstimmung zu verhindern, was nur den Grund haben kann, dass sie Angst vor dem Ergebnis hat. Die Unabhängigkeitsbefürworter – das Wort „Separatisten“, das von Theisen verwendet wird, ist doch zu sehr negativ konnotiert und wird der Sache nicht gerecht – plädieren dafür, eine Abstimmung auch ohne Zustimmung der Zentralregierung durchzuführen.
Zurecht weist Alois Theisen in seinem Kommentar auch auf den Balkan hin. Man sollte nicht vergessen, dass Deutschland eines der ersten Länder war, die den unabhängigen Kosovo anerkannten.
Die Unabhängigkeit Montenegros von Serbien im Jahr 2006, sieben Jahre nach dem Kosovokrieg, wurde letzten Endes mit Unterstützung der Europäischen Union, aber gegen den Willen der Serben, friedlich vollzogen.
Tschechien und der Slowakei trennten sich 1993 friedlich.
Katalonien liegt von der Einwohnerzahl zwischen Tschechien und der Slowakei und ist zehn Mal so groß wie Montenegro, man kann also auch nicht wirklich von Kleinstaaterei sprechen, zumal sich die katalanischen Unabhängigkeitsbefürworter größtenteils für einen Verbleib in der Europäischen Union und somit einem größeren Bündnis aussprechen.
Warum sollte also eine Unabhängigkeit in Katalonien nicht funktionieren? Die spanische Regierung sollte – nein, muss! – das katalanische Volk abstimmen lassen! Weder Spanien noch die EU dürfen damit drohen, ein unabhängiges Katalonien aus der EU auszuschließen beziehungsweise nicht neu aufzunehmen!