Die F-Route

Für unsere diesjährige Reise nach Tarragona entschieden wir uns trotz der Einstellung der komfortablen Elipsos-Trenhotel-Nachtzüge von Paris nach Barcelona für den klassischen Weg über Cerbère und Portbou. Zwar wäre mit den neuen, ebenfalls unter der Marke Elipsos vermarkteten grenzüberschreitenden Hochgeschwindigkeitszügen auch eine Tagesverbindung von Deutschland nach Katalonien möglich, aber ein Zwischenstopp in Paris hat auch was für sich.

Notre Dame
Notre Dame

Intercité de nuit

Wir entschieden uns also für die Verbindung von Paris nach Katalonien mit dem klassischen Intercité de nuit nach Portbou.

Es werden in diesem Zug 6er-Abteile der 2. Klasse und 4er-Abteile der 1. Klasse in Liegewagen angeboten. Gegen einen Aufpreis kann man die Abteile aber auch mit weniger Personen als Privatabteil (Espace privatif) buchen. Wir wählten die Variante, ein Viererabteil zu zweit zu belegen.

Die oberen Liegen bleiben leer
Die oberen Liegen bleiben leer

Die Ausstattung in den Liegewagen ist einfach, aber durchaus akzeptabel. Die Liegen sind mit einer Art Schlafsack und einem Kissen ausgestattet, es gibt eine Flasche Wasser und ein kleines Päckchen mit Erfrischungstuch, Schlafsocken und Ohrstöpseln. Ein eigenes Waschbecken gibt es im Abteil nicht, an beiden Wagenenden ist jeweils eine Toilette und ein Waschabteil vorhanden, eine Dusche gab es nicht.

Liege mit Schlafsack
Liege mit Schlafsack

Bucht man den Intercité de nuit, so sollte man sich vorher um was zu essen bemühen, denn entgegen den Angaben in der DB-Reiseauskunft war nichts von einem Speisewagen zu sehen. Für das Abendessen ich wollte ich aber sowieso unbedingt nochmal ins Pain, Vin et Fromage (siehe den gleichen Artikel wie oben).

Zum Frühstück werden diverse Kleinigkeiten gegen Bezahlung angeboten und ins Abteil gebracht, wir entschieden uns für die Basisvariante bestehend aus Kaffee und Brioche. Den Kaffee gibt es dabei in lustigen, selbstaufheizenden Dosen (erst unten aufreißen und eindrücken, dann oben aufmachen und eingießen).

Warm up!
Warm up!

Man kann sagen, dass die Fahrt im französischen Nachtzug zwar längst nicht mehr so luxuriös wie seinerzeit im Elipsos Trenhotel ist, aber doch durchaus angenehm. Und die wunderbare Aussicht aufs Mittelmeer, zu der man wach wird, ist selbstverständlich noch vorhanden.

Blick aufs Meer
Blick aufs Meer

Grenzübergang mit Geschichte

In Zeiten des Schengen-Abkommens ein wenig unverständlich und etwas nervig war, dass französische Polizisten kurz vor Ende des Zuglaufs, so in etwa bei Banyuls-sur-mer, unsere Pässe sehen wollten. Da fühlt man sich doch etwas in der Zeit zurückversetzt, wenn auch natürlich nicht bis in die der „F-Route„: Die Grenze zwischen Cerbère und Portbou hat nämlich ihre besondere Geschichte. Während der Nazi-Zeit war der Weg von Banyuls über Cerbère nach Portbou eine Fluchtroute, um sich aus Vichy-Frankreich über Spanien dem Einflussbereich des „dritten Reichs“ zu entziehen. Diese Fluchtroute ist mit dem Emergency Rescue Committee und den Namen Hans und Lisa Fittko und Varian M. Fry verbunden. Zu den bekannten Flüchtlingen, die dort die Grenze überquerten, gehörten Heinrich, Nelly und Golo Mann und Lion Feuchtwanger. Heute erinnern unter anderem ein Mahnmal in Portbou und ein nach Walter Benjamin benannter Wanderweg von Banyuls nach Portbou entlang der Fluchtroute an dieses Kapitel der Geschichte. Außerdem finden sich zum Beispiel in der Ausstellung „Künste im Exil“ Erinnerungen an die Flucht, wie die Postkarte aus Cerbère, die von Joachim Seyppel im Jahr 1971 geschrieben wurde, als er seinerseits den Spuren der Geschichte folgte.

Bahnverkehr

Zurück in der Gegenwart hat der Grenzübergang auf dem Schienenweg zwischen Cerbère und Portbou seit der vollständigen Inbetriebnahme der normalspurigen Neubaustrecke zwischen Perpignan und Barcelona stark an Bedeutung für den Personenfernverkehr verloren. Mit Aufnahme des durchgehenden Hochgeschwindigkeitsverkehrs wurde nicht nur die bereits erwähnte Elipsos-Trenhotel-Verbindung eingestellt, sondern auch der letzte, die Spurwechselanlage bei Portbou nutzende Tageszug mit Talgo-Material. Die einzigen verbliebenen Fernverkehrszüge in Portbou sind somit zwei französische Nacht-Intercités. Neben der von uns genutzten Verbindung aus Paris gibt es noch eine weitere aus Luxemburg bzw. wochentagsabhängig aus Straßburg. Die Rückfahrt treten die Züge allerdings nicht von Portbou, sondern von Cerbère aus an. Kurioserweise enden die Personenzüge aus Frankreich nämlich stets in Portbou, um dann leer zurück nach Frankreich zu fahren. Umgekehrt fahren die spanischen Züge bis nach Cerbère und kehren leer nach Portbou zurück.

Nachtzug nach Portbou
Nachtzug nach Portbou

Leider sind die Fahrpläne nicht besonders gut aufeinander abgestimmt, so dass die französischen Züge in Portbou planmäßig wenige Minuten nach der Abfahrt der spanischen Züge nach Barcelona ankommen. Eine löbliche Ausnahme ist der von uns genutzte Nachtzug aus Paris. Bei einer Umsteigezeit von 11 Minuten blieb sogar noch Zeit, ganz regulär weiterführende Fahrkarten zu kaufen. In Ausnahmefällen verkaufen die Schaffner noch Fahrkarten im Zug, wenn an der Station keine erhältlich sind. Im Verspätungsfall oder bei zu großem Andrang könnte man vielleicht auch auf diese Möglichkeit zurückgreifen, will man nicht 2 Stunden auf den nächsten Zug warten. Die Fahrt von Portbou nach Barcelona schlägt mit 13,60 € zu Buche. Die meisten Fahrgäste, die die Fahrt mit uns in Paris angetreten hatten, waren jedoch schon vorher im Süden Frankreichs ausgestiegen. Nur eine zweistellige Zahl von Reisenden nutzte wie wir die Umsteigeverbindung nach Barcelona.

Im Güterverkehr werden die umfangreichen Anlagen in Cerbère und Portbou übrigens weiterhin gut genutzt, da die meisten spanischen Ziele abseits der Hochgeschwindigkeitsstrecken nach wie vor nur über Breitspur zu erreichen sind. In Cerbère werden nach System Transfesa die Achsen von entsprechend vorbereiteten Güterwagen getauscht, während in Portbou überwiegend umgeladen wird. Auf den Seiten von Thorsten Büker ist ein englischsprachiger Artikel den beiden Grenzbahnhöfen gewidmet, dort findet sich auch ein Gleisplan. Der Artikel ist allerdings auf dem Stand von 2003, so dass einige Informationen inzwischen nicht mehr aktuell sind.

Cerbère Poste 2
Cerbère Poste 2

Unser Fahrplan:

Frankfurt Hbf.    ab 13:01  ICE 9554
Paris Est         an 16:50
      Austerlitz  ab 21:57  NZ 3731
Portbou           an 08:22
                  ab 08:33  R
Barcelona Sants   an 11:09
                  ab 12:03  R
Tarragona         an 13:07