Lyon ist die Hauptstadt der Wandmalereien, auf französisch murs peints oder fresques genannt. An den zwei Tagen, die ich zuerst allein und am zweiten Tag mit Anke auf der Suche danach war, konnten wir längst nicht alle davon aufspüren. Aber die, die wir aufgetan haben, seien im folgenden dokumentiert.
Eine besondere Bildergalerie ist den dem Lyoner Architekten Tony Garnier gewidmeten Murs peints Les Cités ideales vorbehalten.
Die Standorte der von uns besichtigten Wandfresken können auf unserer Google-Karte (siehe ganz unten) nachgeschlagen werden. Da Lyon auch von Google Street View erschlossen ist, kann der geneigte Leser unsere Tour nachvollziehen. Ein Klick auf „Weiterlesen“ lohnt, aber Vorsicht, es folgen eine Menge Bilder!
Mur des Canuts
Das wahrscheinlich größte und aufwändigste Wandgemälde Lyons, auf jeden Fall eines der bekanntesten, ist die Mur peint des Canuts, die Mauer der Seidenweber.
Wie detailliert und lebensecht dieses Wandgemälde ist, kann man vielleicht ansatzweise anhand dieses Detailbilds nachvollziehen. Es sei dem geneigten Betrachter überlassen, die jeweils zu sehenden Menschen zu zählen und in einem zweiten Blick zu prüfen, ob die auch echt oder gemalt sind.
Die Mur des Canuts wurde schon mehrmals umgestaltet. Die gemalten Personen entsprechen dort lebenden Einwohnern.
Das Gebäude ist leicht mit der Metro C zu erreichen und liegt direkt an der Haltestelle Henon. Die Linie C der Lyoner Metro ist auch schon eine Besonderheit, da es sich um eine Zahnradbahn handelt, möglicherweise die einzige Zahnradbahn weltweit, die Teil eines als Metro bezeichneten Verkehrssystems ist!
Au Temps Perdu
Viele der Wandmalereien in Lyon sind von der Künstlergruppe CitéCréation gestaltet. Im Stadtteil Croix-Rousse gibt es aber auch kleinere, wohl eher „inoffizielle“ Wandmalereien, zum Beispiel der Eingang des „Au Temps Perdu“.
La Bibliothèque de la Cité
Am Ufer der Saône liegen zwei sehr schöne Malereien. Wir betrachten als erstes die Bibliothèque de la Cité. Leider war es mir nicht möglich, eine vernünftige Gesamtansicht auf ein Bild zu bringen und es ist mir auch nicht gelungen, das folgende, aus drei Aufnahmen zusammengesetzte Bild vernünftig in der Perspektive zu richten, so dass es wohl eher dokumentarischen Charakter hat.
Die Wand verdient es aber durchaus, im Detail betrachtet zu werden. Hier zunächst der namensgebende Teil, der Eingang zur Bibliothek.
Auch Gutenberg wird gewürdigt.
Man sollte auch nicht vergessen, an dem Gebäude nach oben in die Regale zu schauen!
Fresques des Lyonnais Célèbres
Nicht weit flussaufwärts liegen die Fresken der berühmten Lyoner.
Nicht nur die schmale Seite dieses Gebäudes wurde kunstvoll gestaltet, sondern auch die Seite zur Saône…
… und ein benachbartes Haus.
Les Fresques de la Sarra
Während ich die obigen Gemälde alleine am Freitag besuchte, wurden die folgenden Fotos an Ankes kongressfreiem Samstag aufgenommen, an dem wir gemeinsam auf Tour waren.
Wir begannen bei den Fresques de la Sarra auf dem Fourvière-Hügel unweit der Basilika. Der Besuch dieser Fresken ließ sich übrigens wunderbar mit einer Wanderung von der Bergstation der Standseilbahn F2 zur Basilika bei der Bergstation der F1 verbinden, man kann aber auch mit dem Bus hin fahren. Der Touristenbus der „L’Open Tour‘ fährt übrigens in unmittelbarer Nähe vorbei, ohne dass die automatische Ansage auf die Wandmalereien hinweist!
Wie bei vielen anderen bemalten Häusern in Lyon handelt es sich auch hier um Wohnblocks.
Es ist hier praktisch die ganze Rue Pauline-Marie Jaricot bemalt. Auf dem folgenden Bild sieht man im Ausläufer rechts noch, wie die Gebäude ohne die künstlerische Gestaltung aussehen.
Voyage dans la Ville
Unsere Reise durch die Stadt führte uns als nächstes zu einer Wandmalerei mit eben diesem Namen, das passenderweise auch noch an der Rückwand eines Busdepots zu finden ist und Szenen aus dem öffentlichen Personenverkehr Lyons im Wandel der Zeiten zeigt.
Die Wand ist über die komplette Länge bemalt und die ist beachtlich. Szenen aus der Vergangenheit zeugen von einer Pferdebahn oder davon, dass die heutige Zahnradmetro C (siehe oben) einst auch eine Standseilbahn war.
In den alten Zeiten wurde die damals neue Cinematographie der Gebrüder Lumière auf der Straßenbahn beworben.
Auch der heute immer noch allgegenwärtige Oberleitungsbus ist auf den Wandmalereien vertreten, hier in der Nähe des Rathauses.
Schließlich sind wir wieder in der Gegenwart angekommen.
Musée Urban Tony Garnier
Wir verlassen die Voyage dans la Ville, aber unsere Reise durch die Stadt geht mit O-Bus und Tram weiter bis zum Musée Urban Tony Garnier in der Siedlung États-Unis. Dort wurde kurzerhand die ganze Gegend mit ihren 25 Fresken zum Museum erklärt. Hier finden die Bilder in einer besonderen Galerie Platz, damit dieser Blogeintrag nicht völlig platzt. Stellvertretend für die anderen Wandbilder steht hier nur das Bildnis des Meisters selbst.
Quèbec, la Cité idéale
In unmittelbarer Nähe der 25 Fresken der Siedlung États-Unis befindet sich noch ein weiteres Wandgemälde in einem ähnlichen Stil und mit einem ähnlichen Titel, das jedoch offiziell nicht zum Museum gehört.
La Cour des Loges
Von der Lust auf Kaffee getrieben fuhren wir schließlich zurück in die Altstadt. Auch in Vieux Lyon gibt zahlreiche Wandfresken, zu den größeren gehört La Cour des Loges, das sich hier hinter Bäumen versteckt.
Credit Mutuel
An der Filiale einer Bank mitten in der Altstadt befindet sich dieses relativ kleine Gemälde. Anders als die meisten anderen wurde es leider nicht von Vandalismus verschont.
Rue Ferrachat
Beim Abendessen im Restaurant Café du Soleil – es gab Quenelle, siehe den Artikel über Zahlen und Fakten – entdeckten wir noch unverhofft an der gegenüberliegenden Hauswand eine kleine Malerei.
Betrachtet man das ganze Haus, fallen die Fenster, die nicht echt, sondern Gemälde sind, kaum auf.
La Sucrière
Während die meisten der bis jetzt beschriebenen Fresken, insbesondere die großen, auch im zweisprachigen (Französisch und Englisch) Führer „Lyon et ses murs peints réalisés par CitéCréation“ von Corinne Poirieux enthalten sind (erhältlich im Laden des Musée Tony Garnier und offenbar auch bei FNAC, aber anscheinend nicht im Touristenbüro am Place Bellecour) enthalten sind, ist das bei der alten Zuckerfabrik und dem heutigen Kulturzentrum La Sucrière nicht der Fall. Man kann dieses Wandgemälde nicht mal bei Google Street View finden, da Google nur auf der anderen, nicht bemalten Seite des Gebäudes vorbei gefahren kam. Wir kamen jedoch schon ein paar Tage vorher, beim Cultural Evening des IFLA WLIC 2014, in den Genuss.
Wie auch bei Voyage dans la Ville scheitert bei der Sucrière der Versuch einer Gesamtansicht an der Länge des Gebäudes.
Wir schauen uns daher Detailansichten an.
Man zeigt sich durchaus sozialkritisch.
Wer sich gerade nicht erinnern kann, wo rechts und wo links ist, der stelle sich an der Schmalseite der alten Zuckerfabrik auf und betrachte die Schrift auf den Türmen.
Der rechte Turm ist nicht drauf, aber im Gegensatz zu den hier gezeigten Ansichten der Sucrière sieht man den dann doch bei Google Street View.
Die Karte
Zum Abschluss hier die versprochene Karte zum Nachverfolgen unserer Ausflüge in Lyon. Die einzelnen Gemälde erscheinen in der Reihenfolge, wie sie hier im Artikel genannt sind und sind (außer bei denen in Vieux Lyon) mit Angaben zur Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln versehen.