Ein weiterer Bahnausflug führte uns zu der aus Eisenbahn-Romantik bekannten Oigawa Railway.
Völlig untypisch beinhaltet diese Geschichte über eine japanische Eisenbahn einen Zugausfall und Schienenersatzverkehr. Wie es dazu kam lest Ihr hier.
Die Oigawa Railway betreibt zwei Linien entlang des Flusses Oi („gawa“ bzw. „kawa“ bedeutet Fluss), die Oigawa-Hauptlinie von Kanaya nach Senzu und die weiterführende Bergstrecke der Ikawa-Linie von Senzu nach Ikawa. Am Ausgangspunkt Kanaya besteht Anschluss von der Tokaido-Hauptlinie Tokio-Osaka. Die Tokaido-Hauptlinie dient heute eher dem regionalen Personenverkehr und ist nicht zu verwechseln mit der Tokaido-Shinkansen-Schnellfahrstrecke. Die nächsten Shinkansen-Halte sind in der Präfekturhauptstadt Shizuoka oder in Kakegawa.
Die Oigawa Railway ist bekannt dafür, dass sie auch täglich verkehrende Dampfzüge betreibt (sowie gelegentlich auch Züge mit einer besonders „verzierten“ Dampflok, über die hier der Mantel des Schweigens gedeckt werden soll). Wir nahmen aber einen normalen Lokalzug, der mit einem zweiteiligen Elektro-Triebzug gefahren wird, der allerdings auch schon über 60 Jahre auf dem Buckel hat.
Wie üblich sitzt der Lokführer links und wie bei vielen japanischen Triebzügen kann man auch aus dem 21002 rechts vorne raus schauen. Das habe ich natürlich ausgiebig genutzt und auch ein paar Bilder nach vorne raus geschossen, man möge entschuldigen, dass durch Fenster aufgenommene Bilder natürlich nicht ganz so knackig aussehen.
Der erste Halt nach Kanaya ist Shin-Kanaya, der Betriebsmittelpunkt der Oigawa Railway. Beim Blick nach vorne entdeckte ich einen lokbespannten Zug abgestellt.
Eine weitere in Shin-Kanaya abgestellte E-Lok ist die E34.
Beim nächsten Kreuzungshalt begegneten wir dann dem Dampfzug, der von Senzu schon wieder auf dem Rückweg nach Kanaya war.
Die Strecke führt im weiteren Verlauf durch Teefelder der Region Kawane. Gleislage und Strommasten muten recht rustikal an.
Die Sinnhaftigkeit dieses sehr kurzen Tunnels bei der Station Jina hat sich mir nicht ganz erschlossen, aber er ist begrünt.
Und so sieht der Triebwagen von innen aus.
Von Senzu aus wollten wir mit der Ikawa-Linie weiter fahren. Diese Bahn wurde errichtet, um Baumaterialien für Staudämme zu transportieren. Es existieren im Gebiet des Oi etwa 15 Staudämme, Talsperren und Kraftwerke. Heute wird die Bahn im Personenverkehr betrieben. Im Gegensatz zur Oigawa-Hauptlinie, wo durchaus auch das lokale Verkehrsbedürfnis befriedigt wird, dreht es sich bei der Ikawa-Linie ganz um Ausflugsverkehr.
Die Züge der Ikawa-Linie haben ein sehr kleines Lichtraumprofil. Man beachte den Größenvergleich mit dem Bahn-Mitarbeiter unter dem Bahnsteigdach.
Die Züge der Ikawa-Linie sind mit Dieselloks bespannt. Wie es sich für eine Steilstrecke gehört, befindet sich die Lok stets auf der Talseite.
Während das Tal des Oi anfangs noch sehr weit ist, verschmälert es sich im weiteren Verlauf deutlich. Die Teefelder sind schon längst dem Wald gewichen.
Nur wenig später findet man dann schon spektakuläre Brücken.
Und noch ein wenig später erreichen wir den Bahnhof Abt-Ichishiro, wo diese E-Lok bereit steht.
Der Oi wurde in diesem Bereich aufgestaut und die Streckenführung musste deshalb geändert werden. Die neue Strecke hat eine bedeutend höhere Steigung und deshalb benötigen die Züge hier nun Nachschub. Der folgende Streckenabschnitt ist elektrifiziert und mit einer Zahnstange vom System Abt ausgestattet. Die E-Loks haben sechs (!) Motoren, von denen vier die Achsen antreiben und zwei auf Treibzahnräder wirken.
Wir sind nun mit Nachschub zum Nagashima-Staudamm unterwegs.
Man beachte übrigens den Höhenunterschied zwischen der E-Lok und dem restlichen Zug einschließlich der Diesellok.
Bei dieser Strecke handelt es sich übrigens um die einzige Zahnradstrecke Japans.
Direkt nach Ankunft im Bahnhof Nagashima Dam wird die E-Lok wieder abgekuppelt. Sie übernimmt den wenig später eintreffenden Gegenzug zur Talfahrt.
Die Fahrt geht nun wieder rein mit Diesel weiter über die Okuoikojo-Brücke über den aufgestauten Oi.
Direkt hinter der Brücke liegt die Station Okuoikojo, danach folgt unmittelbar die nächste Brücke.
Schlussendlich erreichten wir den Endpunkt Ikawa.
Der Zug wird nach der Ankunft direkt für die Rückfahrt bereit gemacht. Da wir feststellen mussten, dass in der Nähe der Endstation nicht viel außer einem am Ikawa-Staudamm gelegenen Elektromuseum ist, entschieden wir uns dafür, mit dem selben Zug zurück zu fahren. Man nimmt hier nicht wirklich wahr, dass Ikawa zum Gebiet der fast 700.000 Einwohner zählenden Stadt Shizuoka zählt.
Das Gleis rechts führt in einen Tunnel und wird für den Personenverkehr nicht mehr genutzt. Früher folgte nach etwa einem Kilometer noch eine Station, die aber schon lange stillgelegt ist.
Bei der Rückfahrt nahmen wir im Steuerwagen Platz. Auf dem folgenden Foto ist die die höchste Eisenbahnbrücke Japans zu sehen, was man aus dieser Perspektive leider nicht so wirklich wahrnimmt.
Viel weiter ging die Fahrt dann auch nicht mehr. Der Grund erschloss sich uns zunächst nicht, da die Durchsagen nur auf Japanisch erfolgten. Wir waren an diesem Tag auch anscheinend die einzigen Ausländer im Zug. Eine Mitreisende übersetzte dann für uns, dass ein „big stone on the railroad“ der Grund wäre.
Der Lokführer und der Schaffner begutachteten den Schaden, den der Felsen an der Strecke angerichtet hat, aber es war eigentlich schon klar, dass es hier für uns nicht weiter geht und der einzige Weg wieder zurück führt.
Wir fuhren also zurück zum Bahnhof Kanzo.
Wenig später traf auch der spätere Zug aus Ikawa ein, für den die Fahrt dann auch in Kanzo beendet war.
Kurz danach wurden wir dann mit allen Fahrgäste der beiden Züge von einem Bus abgeholt. Die Züge waren an diesem Tag nur sehr schwach besetzt, von daher reichte ein Bus locker aus. Auf dem Weg nach Senzu konnten wir die Okuoikojo-Brücke dann noch einmal von oben sehen. Leider ist das Foto aus dem Busfenster nicht so recht gelungen, daher ist das eher als dokumentarisch zu verstehen.
Da der Bus doch bedeutend schneller war als die Züge, die auf der Ikawa-Linie mit maximal 40 km/h fahren (im Zahnstangenabschnitt noch langsamer), und zudem auf dem Rückweg eine Stunde Aufenthalt in Senzu bestanden hätte, erreichten wir dann sogar noch unseren ursprünglich geplanten Zug auf der Flachstrecke zurück nach Kanaya.
Aus diesem Zug konnten wir dann noch mal die Teefelder sehen. Auf diesem durchs Zugfenster aufgenommene Bild sieht man noch, dass dem Tee mit Ventilatoren in großem Stil Luft zugefächelt wird.
Zurück in Kanaya hieß es dann für uns, mit der Tokaido-Linie der Japan Rail zurück nach Shizuoka zu fahren. Somit hatte uns die japanische Moderne wieder.