Archiv der Kategorie: Politisieren

Erlaubte Satire

Erlaubt bleiben Sätze wie „Sackdoof, feige und verklemmt, ist Erdogan der Präsident“ – Martin U. Müller für Spiegel Online

Das Landgericht Hamburg hat eine einstweilige Verfügung erlassen und Passagen aus dem Gedicht „Schmähkritik“ von Jan Böhmermann für unzulässig erklärt.

Unterdessen sprach sich Detlef Seif, MdB (CDU) im Deutschen Bundestag für die Beibehaltung des §103 StGB aus.

Versetzen Sie sich in Erdogan, und überlegen Sie, wie Sie dazu stehen würden – Detlef Seif, MdB

Not sure if trolling or serious

„Ich denke Sie sind schwanger“ – „Ich denke, Sie sind ein Arschloch!“

Um es mit den Worten von Nicole von Horst zu sagen (@vonhorst Word up!):

„Bauch.

Ich habe einen, seit es mich gibt. Darin befinden sich allerlei Därme, Gallenblase, Leber, Milz. Ein Magen ist auch am Start, für Köstlichkeiten. Blut, Nerven, Fett. Was so dazugehört…..“

Don't drink while pregnant

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No tinguis por

Bisher weitgehend ohne große Präsenz in den deutschen Medien wird am heutigen Sonntag in Katalonien gewählt. Die Wahlen haben eine besondere Bedeutung, da sie eine Quasi-Volksabstimmung für eine Unabhängigkeit sind. Die Volksbefragung über die Unabhängigkeit wurde vor etwa einem Jahr für verboten erklärt und anschließend dennoch durchgeführt. Bei dieser Befragung stimmte eine große Mehrheit für eine Loslösung von Spanien. Diese Mehrheit ist allerdings nicht aussagekräftig, da sich viele Gegner der Unabhängigkeit gar nicht erst an der Abstimmung, die sie für illegal betrachteten, beteiligten.

Bei den heutigen Wahlen haben sich alle Parteien klar in der Unabhängigkeitsfrage positioniert. Die meisten Befürworterparteien haben sich im Bündnis „Junts pel si“ („Zusammen für das Ja“) organisiert. Die linke CUP ist nicht Teil des Bündnisses, tritt aber ebenfalls für die Unabhängigkeit ein. Beide zusammen hatten in den letzten Umfragen eine absolute Mehrheit erreicht, während die in Spanien regierende PP in Katalonien bei unter 20% steht.

Zuletzt sprach sich die Vereinigung der Banken, die sich bisher nicht geäußert hatten, gegen die Unabhängigkeit aus. Eine auf diese Weise geartete „Angstkampagne“ ist aber nicht zielführend. Die Banken mögen zwar ein Interesse an einem Katalonien als Teil Spaniens haben. Allerdings ist kaum davon auszugehen, dass die Katalanen irgendwann ohne Geld da stehen. In der Vergangenheit hat sich stets gezeigt, dass Banken überall präsent sind, wo sie Geschäfte machen können.

Es bleibt den Katalanen zu wünschen, dass Sie ihre heutige Entscheidung rational und ohne Angst treffen.

Decidiu amb el cap, amb el cor i sense por.

 

Töte die Prinzessin

Geht man durch die Spielzeugabteilungen von großen Kaufhäusern oder versucht man Kleidung für ein Kind zu kaufen, merkt man schnell, dass das Geschlecht des Kindes seine wichtigste Eigenschaft ist. Auch wenn das Kind noch lange nicht in der Pubertät ist, scheint sich die Welt schon sauber in zwei Hälften zu teilen.

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Bei allen Fällen gibt es neben Farben auch schon eine klare Rollenverteilung. Die muss ich nicht wirklich neu aufführen, jeder kennt die Cliches, die es schon seit Jahren gibt und anscheinend nicht auszurotten sind.

Ein Grund dafür, den man immer wieder hört ist, dass Kinder das so wollen.

Aber warum?

Warum wollen vor allem Mädchen wirklich Prinzessinnen sein, die sich zu Hause um den Haushalt kümmern, während sich die männliche Hälfte der Gesellschaft die Urheberschaft für die wichtigen Errungenschaften der Menschheit (Wissenschaft, Architektur, etc.) sichert.

Und noch viel schlimmer! Mädchen wollen es im Erwachsenenalter nicht ändern. Ziele für viele, die ich kenne, ist es einen Mann zu finden und zu heiraten. Wenn es ihnen schlecht geht, hoffen Sie auf einen männlichen Retter. Manchmal klappt das sogar.

Was für eine schöne Vorstellung. Na ja … wäre da nicht die andere Seite der Medaille. Wir bleiben irgendwo zwischen Jugend und Erwachsensein hängen. Wir lernen nicht, wie man die Lampe in der Wohnung aufhängt, da man ja nur traurig und hilflos jemanden bitten muss und schon hängt sie. Wir müssen keine Muskeln aufbauen, um unseren Koffer zu tragen und wir müssen nicht lernen, wie man sein Fahrrad flickt. Hübsch aussehen, hilflos gucken und schon kommt jemand. Also meistens.

Warum ist das so? Und warum fallen wir fast alle immer wieder in diese Rolle?

Weil es einfach ist!

Erwachsen werden ist hart. Es ist hart die komplette Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. Die Verantwortung für die eigenen Entscheidungen zu übernehmen und sich selber ggfs. aus dem Dreck wieder zu ziehen kann sehr hart sein.

Aber wer früh übt hat in der Regel einen Vorteil. 

Nicht schon wieder…

„Wer wesentliche Freiheit aufgeben kann um ein bisschen zeitweilige Sicherheit zu erhalten, verdient weder Freiheit, noch Sicherheit.“ – Benjamin Franklin

„Ich interessiere mich nicht besonders für dieses ganze Grundrechtszeug“ – Boris Johnson, Bürgermeister von London

„Interpol und Deutsche Bank, FBI und Scotland Yard, Flensburg und das BKA, haben unsere Daten da“ – Kraftwerk

Die Reflexe funktionieren noch: Kaum wird ein Anschlag verübt, rufen Politiker nach mehr Möglichkeiten der Überwachung. Daran haben offenbar auch die Enthüllungen von Snowden nichts geändert. Im Vereinigten Königreich beschwört Regierungschef Cameron jetzt mal wieder das Gespenst des Kryptographieverbots und erhält dabei Rückendeckung aus seiner Partei.

Schon 1997 gab es diese Diskussion. Seinerzeit war es unter anderem der damalige deutsche Innenminister Kanther, der eine Regulierung von Kryptographie forderte. Dabei haben sich die Gründe gegen eine Einschränkung von Kryptographie seit damals nicht wesentlich geändert: Verschlüsselung schützt Passwörter, Bankdaten und Geschäftsgeheimnisse. Eine Schwächung oder gar ein Verbot von Kryptographie spielt Kriminellen in die Hände. Gleichzeitig trägt es nicht zur Sicherheit vor Terrorismus bei, denn Terroristen würden sich wohl kaum an ein Kryptographieverbot halten. Außerdem steht mit der Steganographie eine Technik zur Verfügung, schon die Existenz einer Nachricht zu verbergen.

Zur Bekämpfung des Terrorismus ist ein Kryptographieverbot ungefähr so nützlich wie die Einführung einer Anmeldepflicht für Terroranschläge.

Aus gutem Grund hat Frankreich im Jahr 1998 ein bestehendes Kryptographieverbot aufgehoben und die USA haben sich 1999 von den Exportbeschränkungen für starke Verschlüsselung verabschiedet. Heute ist Verschlüsselung wichtiger als jemals zuvor, da die Sicherheit großer Teile wichtiger Infrastruktur davon abhängt.

i can be … only a stupid bitch

Barbie stand nie wirklich für ein modernes menschenfreundliches Frauenbild, aber heute bin ich über ein Buch gestolpert, das … das … na ja … irgendwie fehlen mir die Adjektive dafür. Aber seht selbst in den nächsten Zeilen.

Can Be an Actress/I Can Be a Computer Engineer (Barbie) (Deluxe Pictureback) von Susan Marenco und weiteren bei Amazon.de

Eine Frau, der offensichtlich ein paar Rippen fehlen und die wohl durch Krebs oder Ähnliches einen Teil ihres Darms, ihrer Leber und einen Teil ihrer Nieren verloren hat, und das alles noch bevor sie 20 wurde, tut so, als würde sie ein Spiel programmieren:

Schnell löst sich dieses Mysterium aber auf und es wird klar, dass sie selbst nur die Bilder dafür malt. Das eigentliche Spiel wird selbstverständlich von männlichen Zeitgenossen programmiert.

Und genau so wie hier schon in den ersten Seiten geht es in der Geschichte weiter. Barbie zerstört versehentlich ihren Rechner und wird dann von ihren netten männlichen Freunden gerettet, in dem diese den Bildschirm der Bibliothek an eine Playstation anschließen oder so …

Am Ende gibt Barbie dann vor Skipper an, sie hätte ihren Rechner gerettet, und sackt dazu noch eine gute Note für das Spiel ein, das ihre Freunde programmiert haben.

So weit, …  so schlecht.

Was mich daran besonders ärgert ist, dass diese Geschichte ziemlich realistisch ist und Frauen auch noch suggeriert, dass es so richtig ist.

In meiner Umgebung sehe ich häufig Frauen, die sich nicht mit ihren Informatik-Problemen an männliche Zeitgenossen wenden.

Im Gegenzug habe ich es häufiger in Gruppen erlebt, dass jemand ein Computerproblem beschrieben hat und ich eine Lösung vorgeschlagen habe. Diese wurde aber in der Regel nicht gehört, da mir als Frau keine Kompetenz in dem Gebiet zugetraut wird. Ja, häufig wirkte es auf mich so, dass ich in diesem Bereich anscheinend gar nicht gehört werde. Und erst wenn sich mindestens drei Männer (mit einem ähnlichen Anteil an Halbwissen) an dem Problem erfolglos versucht haben, scheinen meine Vorschläge wahrgenommen zu werden, … die das Problem meistens lösen.

(Zur Verteidigung meiner Freunde muss ich sagen, dass mir so etwas in der Regel nicht passiert, wenn mich die Leute besser kennen.)

Also was lernen wir in dem Buch:

– Natürlich können wir als Frauen nicht richtig programmierten aber das müssen wir auch nicht. So lange wir unterernährt, blond und hübsch sind suchen wir uns einfach ein paar Männer die uns aus der Patsche helfen.

– Danach können wir uns einfach mit den fremden Federn schmücken. Das ist völlig ok, da wir ja geistig etwas behindert sind, und jeder weiß, dass wir sowas nicht komplett alleine schaffen würden.

Ganz nebenbei hat die Queen von England schon in 1945 bewiesen, dass Frauen technische Dinge lernen können:

von: http://de.wikipedia.org/wiki/Elisabeth_II.#mediaviewer/File:Hrh_Princess_Elizabeth_in_the_Auxiliary_Territorial_Service,_April_1945_TR2832.jpg

Wer sich jetzt so aufregt wie ich, kann das Buch auch mit einer neuen Geschichte versehen:

https://computer-engineer-barbie.herokuapp.com

P.S.:

Zum Körperbau von Barbie gibt es übrigens noch dieses Spiel, wo der Thorax aber plötzlich wieder reale Größe hat: http://www.medizin-spiele-online-spielen.de/barbie-beim-anatomie-unterricht

Neues von der GDL

Der Tarifkonflikt bei der DB schwelt weiter. Mal wieder haben es GDL, EVG und DB nicht geschafft, sich auch nur auf gemeinsame Verhandlungen zu einigen, wie die Tagesschau berichtet.

Unterdessen verbreitet die GDL mal wieder über ihre „Telegramme“ gefärbte Halbwahrheiten. So behauptete die GDL am 12.11., dass 78% Verständnis für den Streik hätten und bezieht sich dabei auf eine Online-Umfrage des ZDF.

Quelle: Webseite der GDL
Quelle: Webseite der GDL

Leider ist das Ergebnis der Umfrage offenbar nicht mehr auf der ZDF-Seite zu finden. Was aber zu finden ist, ist das Ergebnis einer Online-Umfrage der Tagesschau, bei der 81% äußerten, kein Verständnis für den Streik zu haben.

Bildschirmfoto 2014-11-19 um 12.57.19
Quelle: Webseite der Tagesschau

Auch andere Online-Umfragen wie bei der Aachener Zeitung oder der Stuttgarter Zeitung sprechen eine eindeutige Sprache.

Wie kommen solche krassen Gegensätze zustande?

Solche Online-Umfragen sind nicht repräsentativ und leicht zu manipulieren, das Ergebnis, egal wie es denn ausfällt, also nur wenig aussagekräftig. Aber schon eine nur oberflächliche Recherche fördert etwas besseres zu Tage. Die Zeit hat von einem Meinungsforschungsinstitut eine repräsentative Umfrage durchführen lassen und ist dabei zu folgendem Ergebnis gekommen: „Nur eine Minderheit steht hinter den Streikenden“.

Quelle: Webseite der ZEIT
Quelle: Webseite der Zeit

Infratest Dimap kommt für den ARD Deutschlandtrend zu einem weniger eindeutigen Ergebnis, aber auch bei dieser repräsentativen Umfrage zeigte eine Mehrheit der Befragten kein Verständnis für den Streik.

Grafik direkt von www.infratest-dimap.de eingebunden

Interessant ist auch die Entwicklung. Egal, wohin man schaut, die Zustimmung schwindet, je länger der Konflikt andauert. Infratest berichtet unter dem selben Link, dass einen Monat zuvor die Zustimmung zum Streik noch bei 54% gelegen habe. Bei einem früheren Streik im Jahr 2011 hatten sogar noch fast drei Viertel der Befragten Zustimmung zum damaligen Streik geäußert, ebenfalls laut einer Infratest-Umfrage. Verständlich ist es ja, denn den Lokführern geht es tatsächlich nicht besonders gut.

Die aktuellen Ergebnisse zeigen aber vor allem eins: Es scheint, dass die GDL schlicht den Bogen ganz gewaltig überspannt.

Streik-Nachlese

Letzten Sonntag ging mal wieder ein GDL-Streik zu Ende. Ursprünglich angekündigt von Mittwoch bis Sonntag wurde von der GDL beschlossen, den Streik schon am Samstag um 18 Uhr zu beenden, nachdem die DB, die den Streik verbieten lassen wollte, vor Gericht unterlegen war.

Ein cleverer Schachzug von Herrn Weselsky!

So steht die GDL als gut da. Sie hat ja extra wegen der Feiern zum Mauerfall an besagtem Sonntag zum Wohle der Fahrgäste den Streik abgesagt und reicht zudem scheinbar der DB die Hand zur Versöhnung. Sie schont ihre Streikkasse, hat aber in Wahrheit kaum weniger Schaden verursacht, als wenn sie einfach wie geplant bis Sonntag gestreikt hätte.

Die meisten potenziellen Fahrgäste hatten sowieso schon umgeplant und sich nach anderen Transportmitteln umgesehen. Für eine erneute Umplanung war der Streik zu kurzfristig abgesagt worden. Ein Wochenendpendler, der am Freitag wegen des Streiks mit dem Auto gefahren ist, wird wohl kaum am Sonntag mit dem Zug zurückgekehrt sein.

Im Fernverkehr fiel es der DB schwer, vorzeitig vom Notfahrplan zurück zum normalen Fahrplan umzustellen. Der Notfahrplan funktionierte unterdessen gut, wie ich am Freitag selbst feststellen konnte. Die Züge, die als verkehrend gekennzeichnet waren, fuhren auch, waren pünktlich und zudem recht leer.

Unterdessen habe ich mal meinen Vater gefragt, was er davon hält. Er ist pensionierter Lokführer. Seine Meinung:

Ich bin einige Jahre vor meinem Ausscheiden bei der DB aus der GdL ausgetreten. Ich war schon damals nicht mehr mit dem Vorgehen dieser Gewerkschaft einverstanden. Die Gründe weiß ich nicht mehr so recht. Es hing wohl damit zusammen daß die damals anfingen auch die Zugbegleiter zu vertreten und sich immer noch als die einzige Vertretung der Lokführer sahen. Die Interessen der Lokführer und der Zugbegleiter sind aber nicht identisch. Waren es vor zwanzig Jahren noch weniger als heute. […] Der derzeitige Gewerkschaftsführer verspielt das Image der Lokführer und auch das der Bahn. […] Es gab doch durchaus vernünftige Angebote und die Schlichtung hätte sicher noch etwas mehr gebracht. Fazit: Kein Verständnis für den W. meinerseits.

Katalonien hat abgestimmt

Gestern fand in Katalonien eine Volksbefragung über die mögliche Unabhängigkeit statt, auch die Tagesschau berichtete.

Eine offiziell organisierte oder gar verbindliche Abstimmung war verboten worden, aber mit der Hilfe von Freiwilligen und dem Willen der Bevölkerung, sich notfalls auch jedem Verbot zu widersetzen, wurde dennoch eine Wahl durchgeführt, die allerdings formalrechtlich jetzt eher den Charakter einer symbolischen Umfrage hat.

Erwartungsgemäß ist das Ergebnis eindeutig: Fast 81% sprachen sich für eine komplette Unabhängigkeit aus, 10% für Katalonien als Staat, aber innerhalb Spaniens, und weniger als 5% waren gegen jede Art der Unabhängigkeit, so berichtet der katalanische Fernsehsender 324.

Ergebnis der Volksbefragung, Grafik direkt von 324.cat eingebunden

Das Ergebnis ist natürlich mit Vorsicht zu genießen und nur in Verbindung mit der Wahlbeteiligung zu sehen. Da die Unabhängigkeitsgegner schon die Abstimmung als illegal betrachten, muss man wohl davon ausgehen, dass von den Abstimmungsberechtigten, die sich nicht beteiligt haben, eine überwiegende Mehrheit mit „nein“ gestimmt hätte, wenn es sich um ein vollwertiges Referendum gehandelt hätte.

Bei einer Wahlbeteiligung von über 50% spricht das Ergebnis dennoch eine deutliche Sprache. Es stellt sich ernsthaft die Frage, wie lange die Regierung Rajoy auf ihrem jetzigen Standpunkt, die Abstimmung sei wertlos, beharren kann.