Luxemburg mit der Bahn, Teil 2: Kanton Esch

Anmerkung für weniger Bahninteressierte: Nach dem Bahn-Teil folgt noch was über die Stadt Esch-sur-Alzette und ein völlig außerhalb des Kontexts stehender Musik-Tipp.

Der zweite Teil der Luxemburg-Tour war für den Südwesten Luxemburgs vorgesehen, sprich den Kanton Esch-sur-Alzette und die Linie 60 Luxemburg–Esch–Rodingen/Rodange mit ihren Zweiglinien 60a, 60b und 60c der CFL. Die Linie 60 ist die längere der beiden Verbindungen von Luxemburg zur belgischen Grenze bei Rodange, die kürzere Linie 70 war am Vortag im Programm. Die Linie 60 bedient die zweitgrößte Stadt Luxemburgs, Esch-sur-Alzette, mit etwa 30.000 Einwohnern und es verzweigen von ihr drei Stichstrecken. Zwei davon, die 60a und die 60c, enden kurioserweise in Frankreich, ohne aber eine Verbindung zum restlichen französischn Eisenbahnnetz zu haben. Die Geschichte dahinter ist bei beiden sehr verschieden.

Zunächst wurde von uns die Linie 60a nach Volmerange-les-Mines in Frankreich bereist. Da es keine durchgehenden Züge von Luxemburg Stadt gibt, muss man in Bettemburg umsteigen. Den Weg von Luxemburg dorthin legten wir mit einem der Züge der Linie 60 zurück, die alle 15 Minuten fahren und aus neuen, lokbespannten Bombardier-Doppelstockzügen gebildet werden, also praktisch dem, was man aus Deutschland auch kennt.

Bombardier-Doppelstockzüge in Luxemburg
Bombardier-Doppelstockzüge in Luxemburg

Die Stichstrecken werden von zweiteiligen Elektrotriebwagen der CFL Serie 2000, gebaut Anfang der 90er Jahre von de Dietrich (heute Alstom), bedient. Ein solcher Zug brachte uns nach Volmerange.

CFL 2012 in Volmerange-les-Mines
CFL 2012 in Volmerange-les-Mines

An der Endstation Volmerange-les-Mines ist außer einem Stumpfgleis nicht viel zu finden.

Station Volmerange-les-Mines
Station Volmerange-les-Mines

Die Strecke wurde von Luxemburg aus Anfang der 2000er Jahre über die Grenze nach Frankreich verlängert, endet aber noch außerhalb des eigentlichen Orts Volmerange.

So sehen die Triebwagen von innen in der 2. Klasse …

CFL Serie 2000 Innenraum 2. Klasse
CFL Serie 2000 Innenraum 2. Klasse

… und so in der 1. Klasse aus.

CFL Serie 2000 Innenraum 1. Klasse
CFL Serie 2000 Innenraum 1. Klasse

Das Tarifsystem in Luxemburg ist sehr einfach: Es gibt nur Kurzzeit- und Tageskarten. Eine Kurzzeitkarte kostet 2 € und gilt 2 Stunden, egal wohin. Eine Tageskarte kostet 4 € und gilt bis 8 Uhr am nächsten Morgen im ganzen Netz. Der Aufpreis für die 1. Klasse beträgt 2 €. Ob dieser Schnäppchenpreise waren wir die ganze Zeit erstklassig unterwegs, auch wenn in den meisten Zügen der größte Unterschied zwischen der 1. und 2. Klasse nur die Farbe der Sitzbezüge ist.

Den Rückweg nach Bettemburg unterbrachen wir in der Stadt mit dem schönen Namen Düdelingen (luxemburgisch Diddeleng, französisch Dudelange), das mit einem sehr schmucken Stadtzentrum aufwarten kann.

Das Rathaus von Dudelange
Das Rathaus von Dudelange

Die zweite Stichstrecke, Linie 60b von Noertzange nach Rumelange, wird nur unter Woche und nur während der Hauptverkehrszeiten mit insgesamt 6 Zugpaaren täglich bedient. In Rumelange befindet sich Industrie mit Bahnanschluss, aber an diesem Tag war absolut nichts los, was wohl dem Brückentag in Luxemburg geschuldet war.

Der dritte und letzte Zweig, Linie 60c, ist wieder eine internationale Verbindung und führt von Esch-sur-Alzette nach Audun-le-Tiche in Frankreich. Anders als in Volmerange-les-Mines ist das Personenzuggleis in Audun nur ein klägliches Überbleibsel von ehemals ausgedehnten Bahnanlagen mit Anbindung an das französische Netz.

Audun-le-Tiche
Audun-le-Tiche

Die Hochbrücke ganz im Hintergrund des obigen Fotos gehört zu einer stillgelegten französischen Strecke. Im Rücken des Betrachters, wo heute ein Prellbock ist, führte die Strecke in einem weiten Rechtsbogen auf die Brücke. Von der Brücke selbst gibt es mangels Zeit von mir leider nur ein aus dem fahrenden Zug heraus geschossenes Gegenlicht-Foto, das nur ansatzweise einen Eindruck davon vermitteln kann, wie riesig und gleichzeitig heruntergekommen diese Brücke ist.

Brücke in Audun-le-Tiche
Brücke in Audun-le-Tiche

Sonst führt die Strecke von Audun nach Esch praktisch nur an Schotterwüsten und Industriebrachen vorbei, die teils einen recht spukhaften Charme versprühen.

Industriebrache zwischen Esch und Audun

Ehemaliges Stellwerk in Audun-le-Tiche

Spuk zwischen Audun-le-Tiche und Esch-sur-Alzette
Spuk zwischen Audun-le-Tiche und Esch-sur-Alzette

Als Kontrastprogramm dazu kann man entlang des weiteren Verlaufs der Linie 60 zwischen Esch und Rodange ein gutes Beispiel für den Strukturwandel finden. Auf einem ehemaligen Industrieglände in Belval wurde und wird gebaut. Hier befindet sich unter anderem ein neu gebauter Campus der Universität Luxemburg.

Belval
Belval

Das ist in doppelter Hinsicht bemerkenswert, denn die Universität Luxemburg existiert erst seit 2003. Zwar gab es vorher einzelne Forschungs– und Lehreinrichtungen auf Universitätsniveau, aber die Mehrheit der luxemburgischen Studenten war auf ausländische Hochschulen angewiesen.

Widmen wir uns nun noch der Stadt Esch an der Alzette.

Esch/Alzette
Esch/Alzette

Nebem dem Bahnhof findet sich diese futuristische, wenn auch aus der Nähe betrachtet leicht verranzelte Überführung.

Fußgängerbrücke in Esch-sur-Alzette
Fußgängerbrücke in Esch-sur-Alzette

Ansonsten muss man aufpassen, dass die Stadt einen nicht umbringt.

Geschäft in Esch-sur-Alzette
Geschäfte in Esch-sur-Alzette

Oh this town
kills you when you are young — Broder Daniel

aus dem Lied „Shoreline„, Text: Henrik Berggren

Genaugenommen sind es auf dem Bild sogar gleich zwei Geschäfte, die einen umbringen wollen, denn das Schild ganz links gehört schon nicht mehr zu Electro-Kill, sondern zur Patisserie Kill. Und deswegen gibt es dazu passend den Hinweis, dass, wer die Electro-Kill-Version von Shoreline nicht mag, sich die Version von Anna Ternheim anhören möge.

Erreicht man die Innenstadt von Esch lebend, so ist es da wirklich nett. Nur ist der Fluss Alzette nirgends zu sehen. Wie ich später herausgefunden habe, ist der Fluss überbaubt. Die Rue de l’Alzette befindet sich über der Alzette, womit die Präposition sur im französischen Ortsnamen dann doch gleich eine ganz neue Bedeutung gewinnt.

Rue de l'Alzette
Rue de l’Alzette

Ein Problem gibt es in Esch allerdings. Sämtliche Restaurants haben von 14–17 Uhr geschlossen, außer den Dönerläden.

Ansonsten besticht Esch an der Alzette durch die Architektur des Historismus, Jugendstil und Art Deco. Die Erklärung im einzelnen überlasse ich aber lieber dem luxemburgischen Fremdenverkehrsamt und der Broschüre über den Architektur-Rundweg in Esch-sur-Alzette und verabschiede mich mit ein paar Detail-Aufnahmen.

MerkurZeusDionysosWeisheitZiegenkopfPrinzessin

Der Vollständigkeit halber noch der Fahrplan:

Luxembourg            ab 10:20  RB Linie 60
Bettembourg           an 10:32
                      ab 10:34  RB Linie 60a
Volmerange-les-Mines  an 10:48
                      ab 11:02
Dudelange-Centre      an 11:18
Dudelange-Ville       ab 12:20
Bettembourg           an 12:26
                      ab 12:32  RB Linie 60
Rodange               an 13:15
                      ab 13:36  RE Linie 60
Esch-sur-Alzette      an 14:02
                      ab 16:47  RB Linie 60
Noertzange            an 16:54
                      ab 17:10  RB Linie 60b
Rumelange             an 17:19
                      ab 17:25
Noertzange            an 17:34
                      ab 17:51  RE Linie 60
Esch-sur-Alzette      an 17:58
                      ab 18:03  RB Linie 60c
Audun-le-Tiche        an 18:08
                      ab 18:22
Esch-sur-Alzette      an 18:27
                      ab 18:32  RE Linie 60
Luxembourg            an 19:05