Die Bahn im Baskenland

Wie schon in den letzten Jahren führte uns der Herbsturlaub wieder nach Tarragona in Katalonien, doch diesmal mit einem Umweg über das Baskenland. Grund genug, ein wenig über die Eisenbahn dort zu berichten.

Zunächst einmal soll folgende Faustskizze ohne Anspruch von Vollständigkeit und Maßstabstreue einen groben Überblick über die Eisenbahn in der autonomen Region Baskenland geben.

Eisenbahn im Baskenland

Die topographischen Verhältnisse im Baskenland sind, geprägt einer bergigen Landschaft im Übergang von den Pyrenäen zum kantabrischen Gebirge, für den Eisenbahnbau nicht gerade einfach. Daher verwundert es kaum, dass, wie auch in der Schweiz, Bahnlinien vielfach in Schmalspur errichtet wurden, um engere Kurvenradien zu ermöglichen und die Baukosten trotz der schwierigen Verhältnisse im erträglichen Rahmen zu halten.

Die meisten spanischen Schmalspurbahnen wurden in die 1965 gegründete staatliche Schmalspurbahn-Gesellschaft FEVE übernommen. Die FEVE wurde 2013 aus Kostengründen aufgelöst in die spanische Staatsbahn RENFE integriert. Die meisten im Baskenland liegenden Schmalspurstrecken wurden jedoch schon ab 1982 in die unter der Regie der autonomen Region stehenden EuskoTren übernommen. 1995 musste die EuskoTren eine Strecke an die neu errichtete Metro Bilbao abgeben.

Heute betreibt die EuskoTren die Linien vom französischen Grenzort Hendaye über Irun und Donostia (spanisch San Sebastián) nach Lasarte, von Donostia nach Bilbao zum Bahnhof Atxuri mit einer Zweigstrecke nach Bermeo sowie einer davon getrennten Linie von Bilbao Deusto nach Lezama. Die Schmalspurlinien, die von Bilbao nach Westen aus dem Baskenland heraus in Richtung Santander in der autonomen Region Kantabrien und nach León führen, werden nicht von der EuskoTren, sondern nach wie vor von der (jetzt in die RENFE integrierten) FEVE betrieben.

Die Breitspurlinien der RENFE im Baskenland sind weniger auf den Verkehr innerhalb der Region ausgerichtet, sondern verbinden hauptsächlich das Baskenland mit dem spanischen Landesinneren. Zwar gibt es im Raum Bilbao zwei Vorortlinien (Cercanías), aber beispielsweise eine Verbindung von Bilbao in die Hauptstadt der autonomen Region Vitoria-Gasteiz fehlt.

Bisher ist der Bahnverkehr im Baskenland vielfach eine eher langsame Angelegenheit. Die Züge der EuskoTren brauchen von Donostia-San Sebastián nach Bilbao für 80 Kilometer Luftlinie etwa zweieinhalb Stunden. Von Bilbao nach Miranda de Ebro ist man auf der kurvigen Strecke mit der RENFE für etwas mehr als 60 Kilometer Luftlinie 90 Minuten unterwegs. Der Grund: Die Strecke der EuskoTren windet sich durch die baskischen Täler und die Strecke von Bilbao nach Miranda de Ebro in der Provinz Burgos, gerade außerhalb des Baskenlandes, schraubt sich fast wie eine Gebirgsbahn von 8 Meter über dem Meer bis auf eine Höhe von 471 Metern.

Abhilfe soll ab 2019 das derzeit im Bau befindliche „baskische Y“ schaffen. Normalspurige Hochgeschwindigkeitsstrecken sollen dann die wichtigen baskischen Städte Vitoria-Gasteiz, Bilbao und Donostia-San Sebastián verbinden und längerfristig den Anschluss des Baskenlands an das restliche normalspurige spanische Hochgeschwindigkeitsnetz und nach Frankreich herstellen.

Bahnhofshalle in Hendaye
Bahnhofshalle in Hendaye

Unser Besuch im Baskenland startete im französischen Grenzort Hendaye. Hier kamen wir mit dem TGV aus Paris Montparnasse an. Es werden 300 km/h schnelle TGV Atlantique eingesetzt. Derzeit endet jedoch das Hochgeschwindigkeitsvergnügen noch in der Nähe von Tours, doch die Verlängerung der Schnellfahrstrecke bis Bordeaux steht kurz vor der Fertigstellung, was die Reisezeit weiter verkürzt. Die TGV aus Paris fahren bis Bordeaux in Doppeltraktion und werden dort nach Hendaye bzw. Irun und Toulouse geflügelt. Eine Doppeltraktion des TGV Atlantique ist über 470 Meter lang und hat somit nach deutschen Maßstäben 70 Meter Überlänge.

Abfahrtstafel in Hendaye
Abfahrtstafel in Hendaye

Der Fahrplan um Irun und Hendaye ist so organisiert, dass grenzüberschreitende Züge aus Frankreich nach Irun von dort leer zurück nach Hendaye fahren und umgekehrt die Züge der RENFE nach Hendaye von dort leer nach Irun zurückkehren. So wird übrigens auch am Grenzübergang Portbou-Cerbère verfahren. Bis vor ein paar Jahren konnte man noch durchgehend mit den komfortablen Elipsos Trenhotel-Zügen von Madrid nach Paris und zurück fahren. Mit Inbetriebnahme der durchgehenden TGV bzw. AVE-Züge auf Hochgeschwindigkeitsstrecke Perpignan-Barcelona wurde dieser Zug jedoch eingestellt, wie auch sein Pendant von Barcelona nach Paris über Portbou. Allerdings existiert noch eine äußerst interessante Umsteigeverbindung: Aus Paris kommend kann man in Irun in den Nachtzug nach Lissabon umsteigen.

In Hendaye startet auch die EuskoTren-Verbindung nach Donstia-San Sebastián. Wäre der Endpunkt der Meterspurstrecke nicht an einem separaten Bahnsteig auf dem Bahnhofsvorplatz, hätte es Hendaye in den exklusiven Club der Bahnhöfe mit drei Spurweiten geschafft. In Westeuropa gibt es sonst nur noch Latour de Carol, ebenfalls an der Südgrenze Frankreichs, sowie Montreux und Jenbach. Bei den beiden letzteren ist aber jeweils eine Zahnradbahn dabei.

Endhaltestelle des EuskoTren in Hendaye / Hendaia
Endhaltestelle des EuskoTren in Hendaye / Hendaia

Die EuskoTren-Strecke ist wie eine Metro mit Bahnsteigsperren, die sich mit Magnetstreifenkarten öffnen, organisiert. Die Endstation ist übrigens mit dem baskischen Namen Hendaia beschildert. Das Baskenland in sprachlicher und kultureller Hinsicht umfasst nämlich auch Gebiete außerhalb der heutigen autonomen Region Baskenland in der spanischen Region Navarra und eben im Süden Frankreichs.

Über den Grenzfluss Bidasoa hat die Meterspurstrecke des EuskoTren eine eigene Brücke. Breit- und Normalspur müssen sich eine Brücke teilen.

Die EuskoTren-Strecken sind heute fest in der Hand von neuen CAF-Triebzügen. Diese gibt es in einer Version ohne und einer mit WC. Letztere werden auf der Langstrecke von Donostia nach Bilbao eingesetzt. Die älteren blauen Triebwagen konnte ich nur abgestellt und als Verstärker im Stadtverkehr von Eibar (zwischen San Sebastián und Bilbao) beobachten.

In Donostia legten wir einen Zwischenstop ein. Leider spielte das Wetter nicht so mit, somit konnten wir uns nur für einen ziemlich kurzen Stadtrundgang begeistern. Als Symbolfoto sei hier die Kathedrale Buen Pastor gezeigt.

Kathedrale Buen Pastor in Donostia-San Sebastián
Kathedrale Buen Pastor in Donostia-San Sebastián

Die Fahrt von Donostia nach Bilbao führt durch teils enge Täler. Vom Charakter der Strecke her könnte sie auch fast in der Schweiz sein. Ein Nachteil hat es, wenn man mit dem Zug hier entlang fährt: Man kann aus dem Zug heraus keine vernünftigen Fotos machen. Deswegen erspare ich dem Leser hier meine iPhone-Fotos von zweifelhafter Qualität.

Die EuskoTren-Strecken aus Donostia und Bermeo enden in Bilbao im Bahnhof Atxuri in der nähe der Altstadt (Casco Viejo). Von dort kommt man mit der ebenfalls von EuskoTren betriebenen Straßenbahn weiter. Die Strecke ist teilweise eingleisig. An der Haltestelle Arriaga am Rande der Altstadt ist eine Kreuzungsmöglichkeit.

Zwei Straßenbahnen in Bilbao an der Haltestelle Arriaga
Zwei Straßenbahnen in Bilbao an der Haltestelle Arriaga

Und wenn wir schon bei anderen Bahnen sind, die zu EuskoTren gehören, so darf man auch die Standseilbahn auf den Artxanda nicht vergessen. Die Strecke verläuft bei der Talstation unterirdisch. Wie es von oben aussieht (und andere Bilder aus Bilbao) kann man sich in meinem anderen Blog-Beitrag über Bilbao ansehen.

Funicular de Artxanda
Funicular de Artxanda

Die Schmalspurbahnlinien der FEVE fahren im Bahnhof Bilbao Concordia ab, der sich durch eine ausgesprochen schmucke Fassade auszeichnet.

Bahnhof Bilbao Concordia
Bahnhof Bilbao Concordia

Wenn hier nicht gerade der Luxuszug „El Transcantabrico“ Station macht, wird der Regionalverkehr unter anderem mit modernen zweiteiligen Elektrotriebwagen abgewickelt.

In unmittelbarer Nähe zum Bahnhof der FEVE liegt der Bahnhof Bilbao Abando, wo die Breitspurzüge der RENFE abfahren. Die Schönheit dieses Bahnhofs erschließt sich im Gegensatz zu La Concordia nur von innen.

Im Bahnhof Bilbao Abando
Im Bahnhof Bilbao Abando

Im Bahnhof Abando herrscht reger Vorortverkehr im dichten Takt, während es mit Fernzügen eher mau aussieht. Der Grund dafür ist wohl in der der schon oben erwähnten Langsamkeit der von Bilbao weg führenden Strecke zu suchen. Die Fahrplanauskunft der RENFE listet zwei Alvias nach Madrid Chamartin, zwei nach Barcelona Sants und einen Intercity ins galicische Vigo auf. Als Alvia werden von der RENFE Züge vermarktet, die über Breitspur erreichbare Ziele ansteuern, aber mittels umspurbarer Fahrwerke dort, wo vorhanden, die normalspurigen Hochgeschwindigkeitsstrecken mitbenutzen. Die RENFE verfügt dafür über Triebwagen der Baureihen 130 (Bombardier/Talgo) und 120 bzw. 121 (CAF/Alstom), die sich in Schrittgeschwindigkeit aus eigener Kraft fahrend umspuren lassen. Für unseren abendlichen Alvia nach Barcelona, der uns bis Camp de Tarragona mitnahm, kam ein Zug der Baureihe 120 zum Einsatz, der in Castejón de Ebro mit einem Zugteil aus Irun über Pamplona vereinigt wurde. Der Zug fährt planmäßig bis Zaragoza auf Breitspur und dort kurz vor dem Bahnhof durch eine Spurwechselanlage.

Da unser 120er an dem Abend unserer Fahrt zwei Mal mit einem kompletten (einschließlich Notbeleuchtung!) Stromausfall glänzte (einmal in der Spurwechselanlage von Zaragoza und dann noch mal kurz vor unserem Ziel Camp de Tarragona) kamen wir mit etwa halbstündiger Verspätung an. Immerhin machte sich das Zugpersonal nach dem ersten Stromausfall sogar die Mühe, nachdem der Zug wieder zum Leben erweckt war, den gezeigten Film wieder ab der richtigen Stelle weiter laufen zu lassen.

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Bahnsteigsperren im Bahnhof Bilbao Abando

Verabschieden möchte ich mich dann doch mit einem aus dem Zug heraus geschossenen Bild von der landschaftlichen schönen Strecke zwischen Miranda de Ebro und Logroño. Der Zug hat hier das Baskenland schon eine Weile hinter sich gelassen, aber trotzdem geht es hier noch recht gemütlich (und eingleisig) zu.

Zwischen Miranda de Ebro und Logroño
Zwischen Miranda de Ebro und Logroño

Unser Fahrplan:

Frankfurt Hbf.     ab 16:58  TGV 9552
Paris Est          an 20:54
Paris Montparnasse ab 12:28  TGV 8537
Hendaye            an 18:11
Hendaia            ab 13:03  EuskoTren
Donostia Amara     an 13:40
                   ab 14:50  EuskoTren
Bilbao Atxuri      an 17:20
Bilbao Abando      ab 15:20  ALVIA 437
Camp de Tarragona  an 21:26